Schweizer Rechtsgutachten (BAG)
Juristisches Gutachten für das Bundesamt für Gesundheit zu Rechtsfragen eines Ecstasy-Monitorings von Dr. Hansjörg Seiler im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit (BAG)
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Vermögens- und strafrechtliche Verantwortlichkeit bei Unfall
Die Frage einer vermögensrechtlichen Verantwortlichkeit der für das Monitoring Verantwortlichen kann sich stellen, wenn in der Folge einer im Rahmen für das Monitoring erteilten Information ein Unfall geschieht. Denkbar ist insbesondere:
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Bei der Untersuchung wurden bestimmte gefährliche
Stoffe, die in einer Tablette enthalten sind, nicht bemerkt oder die Information
erfolgte nicht wahrheitsgetreu, so daß der Konsument eine objektiv
falsche Information über die Beschaffenheit und Risiken erhielt.
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Eine individuelle Veranlagung des Konsumenten bewirkt,
daß sich der Konsum heftiger auswirkt als bei durchschnittlichen Personen.
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Rechtsgrundlagen der Verantwortlichkeit
Für die strafrechtliche Verantwortung kommen insbesondere die
Art. 117 (fahrlässige Tötung) bzw. 125 (fahrlässige Körperverletzung)
StGB in Frage.
Die Rechtsgrundlagen für eine vermögensrechtliche Haftung
sind unterschiedlich, je nachdem, ob die am Monitoring Beteiligten Beamte
des Bundes, der Kantone oder Private sind.
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Für Beamte des Bundes gilt das Verantwortlichkeitsgesetz
vom 14. März 1958 (VG, SR 170.32). Dies gilt auch für Private,
die unmittelbar mit öffentlichen Aufgaben des Bundes betraut sind
(Art.1 Abs.1 lit. f. VG). Der Bund haftet für den Schaden, den
ein Beamter in Ausübung seiner amtlichen Tätigkeit Dritten
widerrechtlich zufügt (Art.3 Abs.1 VG).
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Für kantonale Beamte, sofern sie nicht
unmittelbar mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Bundes betraut
sind, gilt für amtliche Verrichtungen kantonales Verantwortlichkeitsrecht.
Die meisten Kantone kennen eine dem Bund analoge Regelung. Für
"gewerbliche" Verrichtungen von Beamten gilt hingegen das
Privatrecht (Art.61 OR). Die Unterscheidung ist bisweilen heikel. Generelles
Kriterium ist die Hoheitlichkeit der Aufgabe (Gross [1995] S.116ff.),
im einzelnen konkretisiert durch das kantonale Recht im Rahmen von Art.
61 OR. Ein kantonales Labor, in welchem Ecstasy-Tabletten untersucht
werden, könnte je nachdem als amtliche oder als gewerbliche Tätigkeit
qualifiziert werden. Die bundesgerichtliche Praxis neigt eher zu einer
weiten Anwendung des kantonalen Staatshaftungsrechts, die Lehre z.T.
eher zu einer restriktiven.
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Für Private, sofern sie nicht unmittelbar
mit öffentlichen Aufgaben des Bundes betraut sind, sowie im Rahmen
des soeben Ausgeführten für kantonale Beamte, gilt das Privatrecht.
In Frage kommt eine außervertragliche Haftung (Art. 41 ff. OR)
oder aber eine vertragliche Haftung aus Beratervertrag (Art. 97 OR).
Nach der Praxis des Bundesgerichts untersteht eine Auskunftstätigkeit,
die weder entgeltlich noch gewerblich ist, den Regeln der außervertraglichen
Haftung (BGE 116 II 699). Eine Ecstasy-Beratung dürfte eher außervertraglich
sein. Die Konzeption eines vertraglichen Verhältnisses ist allerdings
auch nicht ausgeschlossen.
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Widerrechtlichkeit und adäquate Kausalität
Die Unterschiede zwischen zivil- und öffentlich-rechtlicher
Haftung sowie zwischen vertraglicher und außervertraglicher Haftung
liegen hauptsächlich in der Frage des Verschuldens. In
jedem Fall ist aber Voraussetzung für eine vermögensrechtliche
Verantwortlichkeit, daß der Schaden widerrechtlich ist und adäquat
kausal durch das fragliche Verhalten verursacht wurde. Desgleichen sind
für eine strafrechtliche Verantwortlichkeit aus fahrlässiger Tötung
oder Körperverletzung eine adäquate sowie eine pflichtwidrige
Unvorsichtigkeit (Art. 18 Abs. 3 StGB) erforderlich, also ebenfalls eine
Widerrechtlichkeit. Die Begriffe der Pflichtwidrigkeit/Widerrechtlichkeit
und der adäquaten Kausalität unterscheiden sich im Straf- und
Haftungsrecht nicht grundsätzlich. Das folgende gilt also prinzipiell
für beide Verantwortlichkeiten.
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Widerrechtlichkeit
Hinsichtlich der Widerrechtlichkeit wird haftpflichtrechtlich
im allgemeinen unterschieden zwischen Personen- und Sachschäden
einerseits, reinen Vermögensschäden anderseits: bei Personen-
und Sachschäden wird ein absolutes Recht beeinträchtigt, was
grundsätzlich immer haftungsbegründend ist, außer wenn
ein Rechtfertigungsgrund vorliegt (Erfolgsunrecht). Hingegen ist das
Vermögen als solches nicht absolut geschützt, so daß
eine reine Vermögensschädigung nur dann widerrechtlich ist,
wenn gegen eine Norm verstoßen wurde, die dem Schutz des verletzten
Rechtsgutes dient (Verhaltensunrecht) (vergl. z.B. BGE 118 Ib 476; 116
Ib 374; 112 II 128). In der vorliegenden Frage geht es um Personenschäden,
so daß grundsätzlich eine vermögensrechtliche Haftung
bestehen kann unabhängig davon, ob eine konkrete Verhaltensnorm
verletzt wurde. Bei der zivilrechtlichen Verschuldungshaftung sind grundsätzlich
Widerrechtlichkeit und Verschulden zu trennen, doch zeigt sich in der
Praxis eine Tendenz zu einer gesamthaft objektivierten Betrachtung,
die auf eine Pflichtwidrigkeit abstellt.
Bei der an sich kausalen Staatshaftung besteht auch
bei Personenschäden eine Haftung des Staates nicht schon dann,
wenn sich aus nachträglicher Betrachtung ergibt, daß ein
Schaden natürlich kausal auf eine bestimmte staatliche Handlung
zurückzuführen ist. Begeht z.B. ein Strafgefangener während
seines Hafturlaubs ein Tötungsdelikt, so ist der dadurch verursachte
Personenschaden zwar auf die Urlaubsgewährung zurückzuführen,
doch ergibt sich allein daraus noch nicht unbedingt eine Haftung des
Staates. Desgleichen begründet eine ärztliche Behandlung in
einem staatlichen Spital nicht ohne weiteres eine staatliche Haftung,
wenn die Behandlung mißlingt. Der Staat haftet nur dann, wenn
eine Amtspflichtverletzung vorliegt (BGE 120 Ib 413 ff.; 115
Ib 180 f.). Die Amtspflichtgemäßheit der staatlichen Handlung
stellt somit einen Rechtfertigungsgrund dar, der eine Haftung ausschließt
(Gross [1995] S. 149 f.).
Eine Widerrechtlichkeit im Sinne der hier relevanten
strafrechtlichen Bestimmungen (fahrlässige Tötung/Körperverletzung)
ist dadurch gegeben, daß der Erfolg eintritt und daß der
Täter eine ihm obliegende Sorgfaltspflicht verletzt hat,
wobei sich diese aus einschlägigen Bestimmungen und Vorschriften
oder aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergeben können (BGE
122 IV 133, 225; 118 IV 130; 116 IV 306).
Gesamthaft kann somit auf das Kriterium der Pflichtwidrigkeit
abgestellt werden, um die (haftungs- oder strafrechtliche) Widerrechtlichkeit
zu prüfen.
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Adäquate Kausalität
Eine weitere Begrenzung der haftungs- wie der strafrechtlichen
Haftung erfolgt durch das Erfordernis der adäquaten Kausalität.
Verantwortlichkeitsbegründend sind nur Handlungen, die geeignet
sind, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der Erfahrung des
Lebens einen entsprechenden Erfolg herbeizuführen oder zumindest
zu begünstigen (BGE 120 IV 312, mit Hinweisen). Die adäquate
Kausalität wird zudem durch überwiegendes Selbstverschulden
des Geschädigten oder eines Dritten unterbrochen, allerdings nur,
wenn dieses Verhalten derart außergewöhnlich war, daß
man damit nicht rechnen mußte oder wenn es sich als die unmittelbare
Ursache des Erfolgs darstellt, so daß es die anderen Faktoren,
die dazu beigetragen haben, in den Hintergrund drängt (BGE 121
IV 213; 115 IV 102). Die Adäquanz ist nicht eine Frage der naturwissenschaftlichen
Kausalität, sondern der Wertung; es geht darum, die Handlungsfolgen
angemessen zu begrenzen, um eine sonst uferlose Haftung eines jeden
für alle Folgen seines Handelns zu verhindern. Das vorwerfbare
Verhalten besteht im Grunde darin, daß unerlaubte Risiken eingegangen
werden (Dubs [1996] S. 28 ff.).
In der hier interessierenden Fragestellung ist das
unmittelbar schädigende Ereignis der Konsum von Ecstasy durch den
Geschädigten selber. Es verhält sich hier anders als bei den
üblichen Fällen, in denen die adäquate Kausalität
zur Diskussion steht, wie etwa bei den fahrlässigen Tötungen
oder Körperverletzungen durch Motorfahrzeuge oder technische Einrichtungen;
dort wird jeweils der Erfolg physisch unmittelbar durch das fragliche
Verhalten (Betrieb eines Motorfahrzeuges usw.) verursacht und es stellt
sich bloß die Frage, ob das Verhalten des Geschädigten so
außergewöhnlich war, daß es diese unmittelbare Einwirkung
an Bedeutung überwog. Hier wird jedoch das unmittelbar schädigende
Ereignis durch das Opfer selber vorgenommen. Grundsätzlich ist
jeder für sein Verhalten selber verantwortlich. Es verhält
sich auch anders als im Falle einer Tötung auf Verlangen, welche
nicht mit dem Hinweis auf den Satz volenti non fit iniuria straflos
bleibt; denn hier erfolgt die unmittelbar schädigende Handlung
nicht durch das Opfer selber, sondern durch einen Dritten auf Verlangen
des Opfers. Eine straf- oder vermögensrechtliche Verantwortlichkeit
der am Monitoring Beteiligten könnte sich nur unter zwei Aspekten
ergeben:
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Handlung durch unterlassen,
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weil dem potentiellen Konsumenten im Rahmen der Beratung wesentliche
Informationen verschwiegen wurden (BGE 116 II 699),
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oder weil er nicht vom Ecstasy-Konsum abgehalten wurde;
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Handlung durch Begehung, sofern die im Rahmen des Monitorings abgegebene
Information ihrerseits adäquat kausal für den Ecstasy-Konsum
war.
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Verantwortlichkeit durch Unterlassen
Eine Verantwortlichkeit infolge Unterlassung kann sich
sowohl straf- wie vermögensrechtlich nur ergeben, wenn eine Garantenstellung
bestand (BGE 118 Ib 476 f.: 118 II 507; 117 IV 132 f.; 116 Ib 374; Gross
[1995] 154); eine solche kann durch Gesetz oder Vertrag begründet
werden. Hingegen besteht keine allgemeine Rechtspflicht, im Interesse
anderer tätig zu werden (BGE 116 Ib 374). Auch wenn eine Garantenpflicht
besteht, besteht sie nur innerhalb der sachlichen und zeitlichen Grenzen
der jeweiligen Zuständigkeit (BGE 120 IV 310).
Die - wenn auch freiwillige
- Übernahme einer Beratungstätigkeit
kann grundsätzlich eine Garantenstellung begründen (BGE 116
II 699). Aufgrund dieser Garantenstellung kann sich der Berater haftbar
machen, wenn er wider besseres Wissen oder leichtfertig wesentliche
Tatsachen verschweigt, die ihm bekannt sind und von denen er sich sagen
muß, daß sie den Entschluß des Beratenen beeinflussen
können (BGE 116 II 699). In diesem Sinne kann sich eine Haftung
aus einem Ecstasy-Monitoring dann ergeben, wenn im Rahmen dieses Monitorings
z.B. Informationen über das Gefährdungspotential verschwiegen
wurden und ein Konsument geschädigt wird, der nicht konsumiert
hätte, wenn er über diese Information verfügt hätte.
Um eine Haftung auszuschließen, muß die erteilte Information
vollständig sein und darf nicht wesentliche Informationen verschweigen.
Es fragt sich, ob aus der Beratungstätigkeit darüber
hinaus auch die Pflicht entstehen könnte, den Beratenen vom Konsum
abzuhalten.
Grundsätzlich ist jedermann für sein Verhalten
selber verantwortlich. Eine Verantwortung für unterlassene Verhinderung
einer Selbstschädigung kann nur bestehen, wenn eine besondere rechtliche
Beziehung bestand, die gerade zum Ziel hatte, das verletzte Rechtsgut
vor einer Gefahr zu schützen. In diesem Fall wird eine Haftung
auch durch ein selbstschädigendes Verhalten des Opfers nicht unbedingt
ausgeschlossen, wenn nämlich die Rechtsbeziehung gerade zum Zweck
hatte, die Selbstschädigung zu verhindern (z.B. wenn eine psychiatrische
Klinik einen Suizidgefährdeten zu betreuen hat, vergl. BGE 112
Ib 329 ff.). Hingegen beginnt die Eigenverantwortung des Opfers, die
eine Haftung ausschließt, dann, wenn sich das -
urteilsfähige - Opfer über
klare Anweisungen hinwegsetzt (BGE 117 IV 416; 115 IV 199: Skifahrer,
der sich über klare Signalisationen und Absperrungen hinwegsetzt).
Ein bloßes moralisches Gebot zur Abwehr des Schadens genügt
nicht zur Begründung einer Garantenstellung (BGE 108 IV 6). Die
Verantwortung setzt ferner voraus, daß überhaupt eine rechtliche
und faktische Möglichkeit besteht, den Erfolgseintritt zu verhindern.
Das ist z.B. bei einer psychiatrischen Klinik grundsätzlich der
Fall: sie kann den Gefährdeten auch gegen seinen Willen festhalten.
Doch ist das immerhin eine Beeinträchtigung der persönlichen
Freiheit (strafrechtlich eine Nötigung, Art. 181 StGB, oder eine
Freiheitsberaubung, Art. 183 StGB), die nur zulässig ist, weil
ein besonderes Rechtsverhältnis zwischen der Klinik und dem Patienten
besteht. Ebenso besteht ein besonderes Weisungsverhältnis zwischen
Arbeitgeber und Arbeitnehmer, so daß jeder einsteht dafür,
daß er diesem keine Weisungen erteilt oder diese durchgesetzt
hat (BGE 109 IV 15). Ein solches Rechtsverhältnis entsteht aber
nicht bereits dadurch, daß jemand um Rat angegangen wurde. Der
Befragte hat gar nicht die Befugnis, den Frager gegen dessen Willen
von einer Handlung abzuhalten. Der Bergkundige, der -
von einem potentiellen Bergsteiger nach den Risiken einer Bergtour gefragt
- über diese Risiken orientiert,
macht sich nicht schon strafbar, wenn anschließend der Bergsteiger
die Tour unternimmt und dabei umkommt; er hätte den Bergsteiger
ja gar nicht gewaltsam zurückhalten dürfen.
Vorliegend handelt es sich freilich beim fraglichen
Verhalten seinerseits um eine strafbare Tat. Es besteht aber auch keine
allgemeine Pflicht, andere Personen von strafbaren Taten abzuhalten.
Es ist sogar äußerst fraglich, ob die am Monitoring Beteiligten
ein Recht hätten, die Konsumenten gewaltsam am Konsum zu hindern,
denn die Verhinderung einer bloßen Übertretung ist grundsätzlich
kein Rechtfertigungsgrund für Nötigungen oder Freiheitsberaubungen.
Fraglich könnte sein, ob die Ecstasy-Berater im Rahmen eines Schnelltests,
bei welchem sie mit der Pille in physischem Kontakt sind, das Recht
oder gar die Pflicht haben könnten, den potentiellen Konsumenten
die Ecstasy-Tabletten, die diese vorzeigen, wegzunehmen. Eine solche
Wegnahme wäre nicht strafbar: Sie stellt keinen Diebstahl dar,
weil der potentielle Konsument gar keinen legalen Besitz an der Tablette
hat (BGE 122 IV 179 ff.). Sie ist auch nicht nach Betäubungsmittelgesetz
strafbar, da sie nicht unbefugt im Sinne von Art. 19 Ziff. 1 BetmG ist
(s. oben Ziff. 6.1.1).
Besteht auch eine solche Pflicht? Zum einen ist klar,
daß die Annahme einer solchen Pflicht das Monitoring seines Zweckes
berauben würde, weil kein Konsument die Pille vorzeigt, wenn er
damit rechnen muß, daß sie ihm weggenommen wird. Zum andern
ist auch hier ein Vergleich mit anderen Lebensbereichen am Platz; der
Garagist, dem ein Motorfahrradbesitzer ein illegal frisiertes Motorfahrrad
zur Reparatur bringt, ist nicht verpflichtet, dieses zurückzubehalten,
auch wenn feststeht, daß der Besitzer mit diesem Motorfahrrad
eine Verkehrsregelübertretung begeht. Eine Wegnahmepflicht, deren
Unterlassung u.U. eine Haftung begründen könnte, kann sich
aber unter zwei Aspekten ergeben:
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wenn mit erheblicher Wahrscheinlichkeit damit gerechnet
werden muß, daß mit dem fraglichen Gegenstand eine Gefährdung
Dritter beabsichtigt wird. So könnte z.B. ein Waffenhändler
u.U. verpflichtet sein, eine Waffe zurückzubehalten, die ihm
jemand zur Reparatur bringt, wenn er weiß, daß der Besitzer
die Waffe illegal besitzt und mit erheblicher Wahrscheinlichkeit
zur Begehung eines Deliktes verwenden wird;
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wenn der Besitzer offensichtlich nicht mehr urteilsfähig
ist und Gefahr läuft, sich selber zu verletzen. So kann sich
ein Gastgeber verantwortlich machen, der es unterläßt,
einem stark alkoholisierten und nicht mehr urteilsfähigen Gast
Alkoholika wegzunehmen.
Analog könnte sich bei der Durchführung eines
Schnelltests, bei welchem die Berater physisch Zugriff zu einer Tablette
haben, die Pflicht zur Wegnahme von Tabletten ergeben, wenn eine hochgradig
gefährliche Tablette vorgezeigt wird und der Berater weiß
oder annehmen muß, daß der Vorzeiger entweder diese Tablette
einem Dritten abgeben wird oder nicht mehr urteilsfähig ist und
sie selber konsumieren wird.
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Durch Begehung
Die im Rahmen des Monitorings abgegebene Information
ist dann adäquat kausal für den Betäubungsmittelkonsum
und den dadurch verursachten Unfall, wenn sie den Konsumenten überhaupt
erst dazu bewog, Ecstasy zu konsumieren, also wenn sie eine (ohnehin
schon strafbare) Anstiftung zum Betäubungsmittelkonsum darstellt.
Das ist z.B. dann der Fall, wenn durch die Beratung jemand, der noch
gar nicht die Absicht hatte, Ecstasy zu konsumieren, dazu gebracht wird,
z.B. indem ihm gesagt wird, dies sei bedenkenlos usw.
Häufig wird derjenige, der die Ecstasy-Beratung
angeht, einen bedingten Konsumwillen haben: Er möchte grundsätzlich
Ecstasy konsumieren, hat aber Bedenken hinsichtlich der Gefährdung.
Lautet die Beratung dahingehend, der Konsum sei bedenkenlos, wird er
konsumieren, während er vielleicht darauf verzichten würde,
wenn dies ihm aufgrund der erhaltenen Informationen zu riskant erscheint.
Dabei sind wiederum die Frage der adäquaten Kausalität
und die Frage der Widerrechtlichkeit der Auskunft auseinanderzuhalten.
Im allgemeinen ist das Erteilen einer Auskunft an einen anderen nicht
adäquat kausal für eine Disposition, die der andere gestützt
darauf trifft. Der Meteorologe, der einem Segler gutes Segelwetter in
Aussicht stellt, setzt im allgemeinen nicht eine adäquate Kausa
dafür, daß der Segler die Segeltour unternimmt, dabei unvorhergesehenerweise
in ein Unwetter gerät und umkommt.
Eine adäquate Kausa könnte dann vorliegen,
wenn ein besonderes Verhältnis zwischen dem Auskunfterteilenden
und dem Auskunft-empfänger besteht. Ein solches Verhältnis
kann insbesondere dann entstehen, wenn der Staat Empfehlungen für
bestimmtes Verhalten abgibt (z.B. Impfungen empfiehlt). In solchen Fällen
kann eine Haftung des Staates entstehen (In Art.23 Abs.3 Epidemiengesetz
denn auch ausdrücklich vorgesehen; vergl. Nützi [1995] S.
135, 250 f.). Ebenso kann eine Anlageempfehlung eines Anlageberaters
adäquat sein für den Entscheid des Bankkunden, eine bestimmte
Anlage zu tätigen. Im Rahmen des Ecstasy-Monitorings wird freilich
der Konsum von Ecstasy nicht empfohlen. Trotzdem kann nicht völlig
ausgeschlossen werden, daß ein Konsument hauptsächlich deshalb
eine Tablette konsumiert, weil er die Auskunft erhielt, diese sei nicht
besonders gefährlich, so wie die Information des Arztes, eine Operation
berge keine Risiken, adäquat kausal ist für den Entscheid
des Patienten, die Operation durchführen zu lassen.
Um eine Haftung begründen zu können, muß
aber die Auskunft darüberhinaus auch rechtswidrig (pflichtwidrig)
sein. Ist die Erteilung der Auskunft rechtmäßig, dann kann
keine Haftung entstehen, auch wenn sie kausal war für den Schaden.
Nach dem vorne Ziff. 5 und 6 Gesagten ist die Ecstasy-Beratung grundsätzlich
rechtmäßig. Rechtswidrig kann sie dann sein, wenn sie falsch
ist. Der Chirurg, der fälschlicherweise behauptet, eine Operation
sei risikolos, kann sich - wenn die Operation
mißlingt - verantwortlich machen,
weil der Patient gestützt auf diese Information eine Disposition
traf (Zustimmung zur Operation), die sich als schädigend erwies
(vergl. BGE 113 II 433). Die Haftung ist aber ausgeschlossen, wenn die
Information wahrheitsgemäß ist und der Patient sich in Kenntnis
der Risiken freiwillig der Operation unterzieht (und nicht bei der Operation
wiederum ein Kunstfehler erfolgt).
Doch haftet die Auskunftsperson nicht für jede
falsche Auskunft. Der Anlageberater haftet nicht für den dem Bankkunden
entstehenden Schaden, wenn sich sein Ratschlag im nachhinein als falsch
erweist. Der Berater haftet nicht für die Richtigkeit der Auskunft,
sondern nur dafür, daß er sie nach dem besten Wissen und
Gewissen erteilt hat (BGE 116 II 699). Ebenso gilt für die Risikoinformation
des Arztes: erfolgt die Information korrekt und macht sie dem Patienten
klar, ein wie großes Risiko besteht, so ist der Entscheid des
Patienten, sich der Operation zu unterziehen, dessen persönlicher
Entscheid, für den der Arzt nicht einzustehen hat (BGE 117 Ib 200).
Dasselbe gilt für staatliche verhaltenslenkende Informationen:
sie müssen sachgerecht und objektiv sein (BGE 118 Ib 482 f.; Nützi
[1995] S. 96 ff., 292). Unter diesen Umständen entsteht auch dann
keine Verantwortung, wenn die Information effektiv zu Schäden führt
(BGE 118 Ib 484).
Eine Haftung der am Monitoring Beteiligten (bzw. des
Bundes oder Kantons, dessen Beamte das Monitoring durchführen)
könnte sich somit dann ergeben, wenn fälschlicherweise die
Information abgegeben wurde, eine bestimmte Art des Ecstasy-Konsums
sei harmlos, und gestützt auf diese Information jemand konsumiert
und in der Folge einen Gesundheitsschaden erleidet. Analog könnte
sich u.U. verantwortlich machen für einen Ecstasy-Unfall, wer dem
Konsumenten fälschlicherweise mitgeteilt hat, dies sei harmlos,
sofern sich der Konsument maßgeblich gestützt auf diese Information
zum Konsum entschloß. Ist jedoch die Information wahrheitsgemäß
erfolgt, so daß der Konsument in Kenntnis der Risiken seinen Konsumentscheid
getroffen hat, ist nach dem gegenwärtigen Stand von Gesetzgebung
und Rechtsprechung eine Verantwortlichkeit ausgeschlossen.
Bei der Information über die Gefährlichkeit
von Ecstasy handelt es sich um eine Information, die zwangsläufig
nicht vollständig und gewiß sein kann. Die Auswirkungen von
Ecstasy-Konsum sind nicht eindeutig bekannt; zudem kann infolge von
Unzuverlässigkeiten der verwendeten Testmethoden ein Gefahrenstoff
unerkannt geblieben sein. Beim Schnelltest, bei welchem nur die vorgelegte
Pille mit einer Liste der bisher bekannten Pillen verglichen wird, besteht
eine noch größere Unsicherheit. Schließlich können
Risiken bestehen aufgrund individueller Unverträglichkeiten.
Um eine Verantwortlichkeit auszuschließen, muß
also die abgegebene Information auch auf diese Unvollständigkeiten
des Wissens hinweisen. Sie muß darauf hinweisen, daß ein
Risiko besteht und daß dieses infolge von Unsicherheiten hinsichtlich
der Beschaffenheit der Pille wie der individuellen Verträglichkeit
nicht genau quantifiziert werden kann. Wer unter solchen Umständen
trotzdem Ecstasy konsumiert, tut dies auf eigene Verantwortung und in
Kenntnis der Risiken; eine Haftung des Beraters ist ausgeschlossen
Fussnoten:
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Soweit eine Staatshaftung für rechtswidriges
Verhalten diskutiert wird, handelt es sich um Entschädigungen, die
sich aus einem rechtmäßigen Eingriff in geschützte Rechtsgüter
ergeben (vergl. BGE 118 Ib 481 f.), z.B. aus materieller Enteignung oder
aus Körperverletzungen infolge hoheitlicher Maßnahmen wie Waffeneinsatz
durch die Polizei usw. Solches steht hier nicht zur Diskussion.
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