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Drogeninduzierte und andere außergewöhnliche Bewußtseinszustände

Ein Bericht über Sucht und Sehnsucht, Transzendenz, Ich-Erfahrungen und außergewöhnliche Bewußtseinszustände


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Außergewöhnliche Bewußtseinszustände

 

Auslösungsfaktoren von außergewöhnlichen Bewußtseinszuständen

Außergewöhnliche Bewußtseinszustände können zufällig auftreten oder vorsätzlich durch Anwendung bestimmter Techniken ausgelöst werden. Es sind hier einerseits die psychologischen Techniken zu nennen wie Meditationen, Yoga, Hypnose, die sensorische Deprivation (Reizentzug), religiöse Riten wie auch bestimmte Tanzveranstaltungen und anderseits die pharmakologischen, die mit der Einnahme von Drogen verbunden sind. Des weiteren gibt es manipulative Techniken wie der Schlafentzug, das Fasten oder die Hyperventilation. Häufig werden Kombinationen der genannten drei Techniken angewendet, wie zum Beispiel die Einnahme einer bestimmten Droge nach einer Fastenkur zur Zelebrierung eines religiösen Rituals.

Die psychologischen Auslöser

Die vielfältigen Varianten der psychologischen Auslöser von außergewöhnlichen Bewußtseinszuständen lassen sich in zwei Arten oder Gruppen unterteilen. Die eine Gruppe ist gekennzeichnet durch eine Minderung der Umwelteinflüsse, respektive durch eine Verringerung der Umweltstimulation, die andere Gruppe hingegen durch eine Erhöhung der Umweltstimulation, die zum Beispiel durch Reizüberflutung bewirkt wird.

Imperturbatische Techniken zur Minderung der Umwelteinflüsse

Die psychologischen Auslöser außergewöhnlicher Bewußtseinszustände, die durch Techniken einer Minderung der Umwelteinflüsse herbeigeführt werden, nennt man auch imperturbatische Techniken. Dieser Begriff ist von dem lateinischen Wort imperturbatus "ungestört, ruhig" abgeleitet und wurzelt im Verb pertubare "verwirren, stören".

Als besonders wirkungsvoll gilt die von dem amerikanischen Delphinforscher John c. Lilly entwickelte Methode der sensorischen Deprivation im sogenannten "Samadhi-Tank". Durch die völlige Abschottung von optischen und akustischen Signalen im Samdhi-Tank, auch Isolations-Tank genannt, ist man darin ganz auf sich selbst gestellt und nur mit seinem eigenen Erinnerungsvermögen und seiner eigenen Phantasie konfrontiert. Durch die ausgeklügelte Technik der Tanks werden auch sensorische Reize, die durch Temperatur oder Luftbewegung ausgelöst werden können, weitgehend ausgeschlossen.

Des weiteren werden diverse autosuggestive Methoden zu dieser Gruppe gezählt. Der Begriff autosugestiv ist eine Zusammensetzung aus dem griechischen Wort autoV [autós] was selbst, von selbst oder für sich selbst bedeutet und dem lateinischen Verb suggerere im Sinne von unter der Hand beibringen. Eine der bekanntesten dieser Methoden ist das sogenannte autogene Training. Auch zahlreiche Meditationsübungen, besonders aus dem Bereich des Zen (-Buddhismus), kann man zu dieser Gruppe zählen.

Extrastimulante Techniken zur Erhöhung der Umwelteinflüsse

Die psychologischen Auslöser außergewöhnlicher Bewußtseinszustände, die durch Techniken einer Erhöhung der Umweltstimulation herbeigeführt werden, nennt man auch extrastimulante Techniken. Dieser Begriff ist von dem lateinischen Verb stimulare "anspornen, antreiben, reizen, aber auch peinigen" und dem Adverb extra "außen, außerhalb" abgeleitet. Die erste und ursprüngliche Bedeutung von stimulare war stacheln, mit dem Stachel stechen. Stimula war auch der Name der römischen Göttin, die den Bacchanalien, den traditionellen römischen Mysterienfeiern für Dionysos/Bacchus, vorstand und die Menschen zu übermäßiger Tätigkeit anstachelte. Heutzutage bezeichnet man Anregungsmittel als Stimulanzien.

Zu den extrastimulanten Techniken, die eine Steigerung des sensorischen Inputs zur Folge haben, zählen vor allem intensive monoton und rhythmisch geprägte Stimulationen, wie sie in zahlreichen Riten durch lang andauerndes Trommeln erzeugt werden. So dient im Voodoo-Kult das Trommeln dazu, die Geister oder Götter herbeizurufen, damit sie von einem Körper – nicht dem des Trommlers, sondern meist dem eines Tänzers – Besitz ergreifen. Dieser fällt in eine Art "Besessenheitstrance" und durchwandert völlig neue Wahrnehmungsebenen und Bewußtseinssphären. Auch Schamanen sind echte Trommler, sie haben sich etwas Grundlegendes über das Wesen des Trommelns und der Rhythmik zu eigen gemacht und sind so zu Meister der Trance geworden. Für Nichteingeweihte kaum wahrnehmbare Temposteigerungen, Rhythmusvariationen und Modulationen der Schlagintensitäten sorgen für die ekstatische Transformation des Bewußtseins zu den Antipoden des Alltagsbewußtseins.

Vom Baß betonte und vom Rhythmus geprägte sequentielle monotone Klangstrukturen sind ein Wesensmerkmal der heutigen Techno genannten Musik. Mit zur Musik synchron erscheinenden rasch wechselnden Lichteffekten wird in den Tempeln des ekstatischen Tanzes die Rhythmusstruktur der akustischen Signale in den optischen Bereich übertragen. Die Raver auf der Tanzfläche erleben so eine Umgebung bestehend aus hellen pulsierenden Mandalas, die bis zu mehr als 200 mal in der Minute aufblitzen und wieder verschwinden, während sie die lauten Bässe nicht nur hören, sondern körperlich spürbar von deren dynamischen Intensität durchdrungen werden. Die Überflutung der Sinne der Tänzer durch präzis gesteuerte impulsive Reize in sich stets wiederholenden Mustern führt bei denselben, besonders nach langem ekstatischem Tanzen, zu tiefen Trancezuständen und ebnet so den Weg für völlig neue außergewöhnliche Bewußtseinszustände.

Die pharmakologischen Auslöser

Die wichtigsten pharmakologischen Auslöser außergewöhnlicher Bewußtseinszustände sind die sogenannten entheogenen Drogen, gefolgt von den entaktogenen Drogen. Entheogene Drogen sind Substanzen, die das Göttliche in einem entstehen und gewahr werden lassen. Der Begriff entheogen ist aus den drei griechischen Wörtern en [en] "innen", qeoV [theós] "Gott, Gottheit" und gen [gen] "generieren, erzeugen" zusammengesetzt. Zu den wirksamsten entheogenen Substanzen zählen die auch als Halluzinogene bezeichneten Indolderivate LSD (Lysergsäurediethylamid), DMT (Dimethyltryptamin), DET (Diethyltriptamin) und Psilocybin wie auch die Phenethylamine Meskalin und 2C-B.

Als entactogene Drogen bezeichnet man Substanzen, die das innere Gefühl und Empfinden steigern. Der Begriff ist von dem lateinischen Wort für Berührung, Tastsinn und Gefühl, tactus abgeleitet. Zu den klassischen entactogenen Substanzen zählen die drei Methylendioxy-amphetamine MDMA (Ecstasy), MDE (Eve) und MBDB (Eden), wobei MDMA wegen seiner speziellen Wirkung auch als empatische Droge, also als eine Droge, die Bereitschaft und Fähigkeit fördert, sich in die Einstellung anderer Menschen einzufühlen, bezeichnet wird.

Die manipulativen Auslöser

Zu den bekanntesten manipulativen Auslöser außergewöhnlicher Bewußtseinszustände zählen Schlafentzug und Essenentzug (Fasten). Beide Techniken lösen eine Veränderung der Körperchemie aus, die, je länger man sich dem Entzug aussetzt oder ausgesetzt ist, an Intensität zunimmt, was auch mit einer Steigerung der Veränderung der Wahrnehmung und des Bewußtseinszustandes einher geht.

Das Fasten hat in vielen Religionen eine alte Tradition und dient nicht in erster Linie der Regulierung des Körpergewichtes, sondern vornehmlich als körperliche Ergänzung und Entsprechung zur inneren seelischen und geistigen Reinigung.

Die Hyperventilation ist eine weitere manipulative Technik zur Beeinflussung der Bewußtseins. Unter Hyperventilation versteht man eine übermäßige Steigerung der Atmung. Mittels besonderer Atemtechniken, wie zum Beispiel beim sogenannten "Rebirthing", wird durch Beschleunigung der Atemfrequenz und Intensivierung der Atembewegungen eine deutlich erhöhte Sauerstoffzufuhr über das Blut zum Gehirn in die Wege geleitet. Durch diese rein physisch aufgebaute manipulative Technik verändern sich gewisse biochemische Prozesse im Gehirn, die außergewöhnliche Bewußtseinszustände zur Folge haben können.

 

Klassifizierung von außergewöhnlichen Bewußtseinszuständen (ABZ)

In der experimentellen Psychologie wie auch in der psychiatrischen Forschung hat sich zur Beschreibung der Erlebniswelten von außergewöhnlichen Bewußtseinszuständen die Einteilung der beobachteten Phänomene in drei Dimensionen eingebürgert. Die erste Dimension ist die ozeanische Selbstentgrenzung (OSE) und beschreibt die angenehmen und beglückenden Aspekte der außergewöhnlichen Bewußtseinszustände wie die Erfahrung des Einsseins mit sich und der Welt. Die zweite Dimension beschreibt die angstvolle Ichauflösung (AIA), ein Erleben, das allgemein als Horrortrip oder Paranoia bezeichnet wird und die dritte Dimension, die visionäre Umstrukturierung (VUS), beschreibt die vielschichtigen Einzelaspekte der Veränderungen im Bereich der Wahrnehmung. Diese drei Dimensionen können in Anlehnung an den mit entheogenen Drogen erfahrenen englischen Schriftsteller Aldous Huxley als Himmel, Hölle und Vision interpretiert werden.

Bekanntlich führt der Gebrauch von entheogenen Drogen, die amtlich noch immer als Halluzinogene bezeichnet werden, zu außergewöhnlichen Wahrnehmungs- und Bewußtseinszuständen, die durch ein völlig neues und zuweilen fremdartiges Erleben der Selbst- und Welterfahrung gekennzeichnet sind. Das alltägliche und gewohnte Werte- und Bezugssystem für die eigene Standortbestimmung und Orientierung kann dadurch als unzureichend oder gar untauglich empfunden werden. Dieses Phänomen kann abgrundtiefe Ängste zur Folge haben und das bisherige Selbstverständnis der eigenen Identität und des Ichbewußtseins völlig zerstören. Statt der sehnsüchtig erwarteten rauschhaften und ekstatischen Erfahrungen, die das erhoffte Transzendieren des Ichbewußtseins bewirken und die angenehm beglückenden Aspekte einer Auflösung der Ich-Du-Grenze (ozeanische Selbstentgrenzung) zum mystischen Erlebnis werden lassen, kann es auch zu einer angstvollen Ichauflösung in Verbindung mit einer völligen Desintegration des Ich-Selbst-Komplexes und einer absoluten Desorientierung kommen.

 

Präindikation von außergewöhnlichen Bewußtseinszuständen

Unter Präindikation versteht man die Vorhersagbarkeit eines bestimmten Ereignisses. Der Begriff Präindikation ist von dem lateinischen Verb indicare "anzeigen, aussagen" abgeleitet, die Vorsilbe prä stammt ebenfalls aus der lateinischen Sprache und bedeutet vor, voran, voraus.

Nicht nur viele Berichte aus den Szenen des Drogen gebrauchenden Undergrounds, in dem diverse Substanzen zur Erweiterung der Wahrnehmung und des Bewußtseins verwendet werden, sondernauch zahlreiche klinische Untersuchen zeigen, daß der Verlauf von vorsätzlich herbeigeführten außergewöhnlichen Bewußtseinszuständen mit hoher Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden kann. Dies gilt gleichermaßen für den Einsatz von psychologischen Auslöser wie auch für die pharmakologischen und manipulativen Auslöser. Außergewöhnliche Bewußtseinszustände werden in erster Linie vom Charakter und der individuellen Persönlichkeitsstruktur der einzelnen Menschen geprägt und können nur begrenzt von Begleitpersonen und durch ein adäquates Set und Setting beeinflußt werden. Natürlich spielen die Rahmenbedingungen bei der Herbeiführung und dem Durchleben von außergewöhnlichen Bewußtseinszuständen eine große Rolle und man sollte tunlichst auf optimale Rahmenbedingungen achten, da diese sehr wohl geeignet sind, unerwartete und unerwünschte Nebenwirkungen in ihrer Intensität zu mindern und abzufedern. Es gibt jedoch Menschen, die müssen erst lange an sich arbeiten, bis sie reif für wirklich außergewöhnliche Bewußtseinszustände sind und diese bei sich auslösen können, ohne Gefahr zu laufen, existentiellen Schaden fürs Leben zu nehmen.

 

Präindikation einer ozeanischen Selbstentgrenzung (OSE)

In der ozeanischen Selbstentgrenzung wird die Auflösung der Ich-Du-Grenze und der Ich-Welt-Grenze als beglückende Erfahrung des Einsseins mit sich und der Welt erlebt. So beschreibt der weise Chemiker Albert Hofmann aus Basel die höchste Stufe des Sehens aus der Warte seines außergewöhnlichen Bewußtseinszustandes mit den Worten: "Die höchste Stufe des Sehens, die Beziehung ganz allgemein zu einem Objekt und zur Außenwelt überhaupt, ist dann erreicht, wenn die Grenze zwischen Subjekt und Objekt, zwischen Betrachter und Betrachtetem, zwischen mir und der Außenwelt, bewußtseinsmäßig aufgehoben ist, wenn ich mit der Welt und ihrem geistigen Urgrund eins geworden bin. Das ist der Zustand der Liebe."

Die erlebte Befreiung von den Beschränkungen von Raum und Zeit und die Ahnung einer höheren, göttlichen Wirklichkeit können in einem den Keim der mystischen Seinserfahrung zum Sprießen und zur Entfaltung bringen.

Indikatoren für eine günstige Prognose eines angenehmen und beglückenden Erlebens der ozeanischen Selbstentgrenzung aus der Perspektive eines außergewöhnlichen Bewußtseinszustandes sind die Fähigkeit, sich und andere zu akzeptieren, so wie sie sind. Dies gilt besonders innerhalb des Rahmens von Lebensgemeinschaften und Liebesbeziehungen. Des weiteren ist die Fähigkeit auf das eigene Wohl bedacht zu sein ebenso förderlich wie die Fähigkeit zum existentiellem Handeln und Erleben im Sinne der Selbstverwirklichung. Die Gewohnheit, Bedürfnisse anderer anzuerkennen und diesen Bedürfnissen entgegenzukommen und dabei jedem Zwang zum Konformismus wie auch jedem Drang zum Opportunismus zu widerstehen als auch die Fähigkeit, sich mit der Realität, unter Bewahrung einer extravertierten Selbst- und Weltbejahung und mit hoher Bewertung des Nützlichen, gut auseinandersetzen zu können, sind Eigenschaften, die das Erleben des außergewöhnlichen Bewußtseinszustandes bei der ozeanischen Selbstentgrenzung mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Freude und Glück erfüllen wird. Dies gilt auch für eine undogmatische Weltanschauung in Verbindung mit einer vielleicht als pantheistisch zu nennende Religiosität, die, unabhängig von bestimmten Glaubensbekenntnissen, vor dem Versuch oder Ritual die nötige gleichmütige Stimmung begünstigt.

 

Präindikation einer angstvollen Ichauflösung (AIA)

In der angstvollen Ichauflösung wird das Verschwinden der Ich-Du-Grenze und der Ich-Welt-Grenze als lebensbedrohliche Erfahrung einer völligen Bezugslosigeit zu sich selbst und der Welt erlebt. Der Verlust der Fähigkeit, sich selbst als Wesensidentität in der Welt definieren zu können, kann panikartige Angstzustände hervorrufen, die jegliches Handeln unter dem Gesichtspunkt der Vernunft verunmöglichen. Während einer akuten angstvollen Ichauflösung gibt es, bedingt durch das Verschwinden der Ich-Abgrenzung zum Rest der Welt, kein Selbstbewußtsein mehr. Damit gehen auch die sonst mehr oder weniger verfügbaren Fähigkeiten zur Selbstkontrolle, zur Realitätskontrolle und zur Urteilsfähigkeit verloren.

Eine lang andauernde Phase einer angstvollen Ichauflösung kann irreparable psychische Schäden nach sich ziehen. Paranoide Zustände können in der Folge auftreten.

Indikatoren für eine Prognose des Erlebens der angstvollen Ichauflösung aus der Perspektive eines außergewöhnlichen Bewußtseinszustandes sind im wesentlichen eine habituelle oder situative emotionale Labilität sowie eine starre Konventionalität, das heißt eine Abneigung gegen Ungewisses und Ungewohntes und ein starres Festhalten an Normen und Verpflichtungen.

Die Angst vor allfälligen unangenehmen Erkenntnissen oder Wahrheiten bezüglich der eigenen Person, die durch einen außergewöhnlichen Bewußtseinszustand offenbart werden könnten, und die Angst, daß durch das völlig fremdartige Erleben das ganze innere Bezugssystem, auf welches sich die Selbst- und Welterfahrung gründet, seine Gültigkeit verlieren könnte, diese Angst ist ein signifikanter Indikator für eine sehr große Wahrscheinlichkeit des Eintretens einer angstvollen Ichauflösung bei einem allfälligen Versuch einen außergewöhnlichen Bewußtseinszustand zu induzieren.

Je rigider jemand ist, desto eher entwickelt jemand Angst. Der Begriff Rigidität (lat. rigere "starr sein, steif sein") bezeichnet in der empirischen Psychologie die mangelnde Fähigkeit eines Menschen, sich angesichts von Veränderungen der objektiven Bedingungen oder Voraussetzungen von einmal eingeschlagenen Denkmustern und gewohnten Handlungsweisen zu lösen und andere, der neuen Situation entsprechende und angemessene zu entwickeln und im Rahmen der veränderten Bedingungen umzusetzen. Der Rigiditätskoeffizient (Grad der geistigen Starrheit und Steifheit) eines Menschen ermöglicht mit recht hoher Wahrscheinlichkeit eine Aussage zu treffen, ob jemand in einer bestimmten Situation von Angstzuständen befallen wird und einen "Horrortrip" durchleben muß oder nicht. Je größer der Rigiditätskoeffizient ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit des Auftauchens von Horrorvisionen.

Je stärker das dominierende Interesse der persönlichen Weltanschauung und Lebensphilosophie im theoretisch-ökonomischen Bereich liegt und je geringer dieses Interesse im sozialen Bereich ausgeprägt ist, desto größer scheint die Tendenz, daß der außergewöhnliche Bewußtseinszustand eine angstvolle Ichauflösung begünstigt. Im umgekehrten Fall, das heißt, je stärker das Interesse im sozialen Bereich ausgeprägt ist im Vergleich zum theoretisch-ökonomischen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit eines Erlebens angenehmer Momente im Rahmen einer ozeanischen Selbstentgrenzung.

Eine schwache Ausprägung für das Interesse der Person am ästhetischen Aspekt der Dinge begünstigt tendenziell die Prognose einer angstvollen Ichauflösung, ein ausgeprägt starkes, dominierendes Interesse hingegen begünstigt das Erleben eines außergewöhnlichen Bewußtseinszustands als ozeanische Selbstentgrenzung.

 

Präindikation einer visionären Umstrukturierung (VUS)

Die visionäre Umstrukturierung ist die vielschichtigste Dimension im Rahmen außergewöhnlicher Bewußtseinszustände. Die veränderte Wahrnehmungsstruktur im optischen, akustischen und sensorischen Bereich ermöglicht eine völlig neue Sichtweise der Welt. Die aufgenommenen Reize erscheinen zumeist klarer und intensiver als im Zustand des Normalbewußtseins. Man sieht nicht nur wie gewöhnlich das äußere Erscheinungsbild der Dinge, sondern kann durch die Fassade oder hinter die Kulisse dieses äußeren Erscheinungsbildes schauen und etwas von Wesen der betrachteten Dinge erkennen.

Die Veränderung der gesamten kognitiven (lat. cognoscére "erkennen, kennen lernen") Funktionen, die sich einerseits durch eine kaum faßbaren Aktivierung und Sensibilisierung aller Sinnesorgane auszeichnen kann und anderseits lang vergessen geglaubte Bilder aus dem Erinnerungsvermögen in unglaublich klarer Plastizität ins Zentrum des Bewußtseins führen kann, hat manchmal zur Folge, daß die ungeheure Vielfalt von Sinneseindrücken nicht mehr verarbeitet werden kann und man sich von dem Input Overflow (Eingabe-Überfluß) völlig erschlagen fühlt. Unerfahrene Psychonautiker sind dieser Gefahr weit mehr ausgesetzt als Menschen, die bereits im Umgang mit außergewöhnlichen Bewußtseinszuständen vertraut sind. Der Begriff Psychonautik, der in der Szene der Bewußtseinsforscher, die den Einsatz psychoaktiver Substanzen im Rahmen ihrer Studien für legitim halten und praktizieren, immer mehr Zuspruch findet, ist eine Wortzusammensetzung aus den zwei griechischen Begriffen yuch [psyché], gleichbedeutend mit Hauch, Atem Seele (als Träger bewußter Erlebnisse), und nautikh [nautiké], gleichbedeutend mit Schiffahrtskunde, respektive nauV [naus], gleichbedeutend mit Schiff.

Indikatoren für eine Prognose bezüglich der Intensität und Erlebnisqualität der visionären Umstrukturierung aus der Perspektive eines außergewöhnlichen Bewußtseinszustandes sind eine stark ausgeprägte bildhafte Vorstellungskraft im Zustand des normalen Wachbewußtseins und eine hohe Empfindungsfähigkeit für das sinnlich wahrnehmbar Schöne. Das heißt ein starker Bezug zur Ästhetik fördert die Erlebnisqualität der visionären Umstrukturierung. Der Begriff Ästhetik kommt von griechisch aisqestai [aisthéstai] "fühlen, empfinden und wahrnehmen", respektive von aisqhtikoV [aisthétikós] "zum Wahrnehmen fähig". Der medizinische Fachausdruck für Betäubungsmittel Anästhetikum ist aus der Negationsform an-aisthétikós abgeleitet und bedeutet nicht fühlbar, nicht empfindbar und nicht wahrnehmbar.

 

Drogeninduzierte Welten des Bewußtseins

Drogeninduziert bedeutet, durch Drogen herbeigeführt oder durch Drogen ausgelöst. Das Verb induzieren ist vom lateinischen Verb inducére abgeleitet und bedeutet, hineinführen, hineinleiten, einführen.

Verschiedene Testverfahren aus dem klinischen Bereich ermöglichen heute recht präzise Aussagen über substanzspezifische psychologische Wirkungsprofile, die ein Vergleich der unterschiedlichen Wirkungsweisen einzelner Drogen auf das menschliche Bewußtsein erlauben. Die entheogene Substanz LSD und das empatische Entaktogen MDMA (Ecstasy) haben, das zeigen die Testergebnisse, deutlich unterschiedliche Wirkungsprofile.

 

LSD- und MDMA-induzierte visionäre Umstrukturierung (VUS) im Vergleich

Die visionäre Umstrukturierung, das heißt die substanzspezifische Wirkung der Veränderung der gesamten kognitiven Funktionen, wird beim Erleben des durch die Droge induzierten außergewöhnlichen Bewußtseinszustandes bei LSD wesentlich stärker als charakteristischen Einfluß auf den eigenen Wahrnehmungs- und Bewußtseinszustand registriert als bei MDMA.

Visionäre Umstrukturierung LSD + 24%

Veränderung der gesamten kognitiven Funktionen in außergewöhnlichen Bewußtseinszuständen bedeutet nicht nur eine gewaltige Veränderung der vermittelten Informationen, die von den Sinnesorganen von der Außenwelt zum Gehirn weitergeleitet werden, sondern betrifft auch in einem hohem Maße das eigentliche Erkennen der Betrachteten Dinge, das heißt, in diesen Bewußtseinszuständen erklären sich die Dinge zuweilen wie von selbst. Der Verleger Roger Liggenstorfer beschreibt diesen Zusammenhang kurz und bündig mit den Worten: LSD ist die Antwort des inneren Raumes auf Fragen der äußeren Welt.

Der Schriftsteller Ernst Jünger, der im Winter 1998 im Alter von 102 Jahren verstorben ist, schreibt über die visionäre Umstrukturierung im Rahmen einer LSD-Erfahrung: "Hier wirkten die Gesetze nicht mehr unter dem Schleier der Erscheinung, der Stoff war so fein, so ohne Schwere, daß er sie offen spiegelte. Die Zahlen, Maße und Gewichte traten aus der Materie hervor. Sie warfen ihre Gewänder ab. Kühner und freier konnte sich keine Göttin dem Eingeweihten mitteilen. Die Pyramiden reichten mit ihrer Schwere an diese Offenbarung nicht heran. Das war pythagoreischer Glanz."

Eine visionäre Umstrukturierung in einem außergewöhnlichen Bewußtseinszustand kann eine nachhaltige Wirkung auf das Alltagsbewußtsein haben. So schreibt ein Ecstasygebraucher, dem diese Substanz geholfen hat, mit seiner Schizophrenie zu leben: "Ecstasy ist das wirksamste Mittel zur Behandlung meiner Schizophrenie. Es heilt sie nicht und es wirkt auch nicht wie ein konventionelles Mittel, das die Krankheitssymptome bekämpft. Ecstasy wirkt für mich auf eine ganz andere, aber genauso wichtige Weise. Die Substanz hat mir geholfen, mit meiner Schizophrenie zu leben. ... Ich akzeptiere mich so wie ich bin und kann mich damit abfinden, ein Schizophrener zu sein. Und genau das verdanke ich Ecstasy. ... Es verwandelte mich von einem asozialen, zurückgezogenen und etwas paranoiden Zombie in einen feinfühligen Menschen, der Liebe und alle anderen menschlichen Emotionen erleben kann." Der Schreiber dieser Zeilen hat traumhaft seherisch im Geiste geschaut – und genau das bedeutet visionär – und dann die Struktur seiner inneren Gliederung, seines Gefüges, seines Aufbaus nicht nur erkannt, sondern die entaktogene Wirkung von Ecstasy ermöglichte ihm eine Berührung zum eigenen Innern zu erzeugen, die ihm die Kraft gab, seine Erkenntnis in Form einer Umstrukturierung seines Selbstbewußtseins umzusetzen – eine drogeninduzierte Welt des Bewußtseins.

Ein bereits vor Beginn eines außergewöhnlichen Bewußtseinszustandes gegebenes hohes Potential der Empfindungsfähigkeit für das sinnlich wahrnehmbar Schöne (Ästhetische) verstärkt die Wahrscheinlichkeit einer intensiven Erlebnisfähigkeit im Bereich der visionären Umstrukturierung. Da LSD die Erlebnisintensität im gleichen Bereich verstärkt, und zwar deutlich, hat LSD eine starke Wesensverwandtschaft mit der Eigenschaft zur erhöhter Feinfühligkeit und Empfindsamkeit, also etwas, das ein sensibles und gut funktionierendes Nervensystem voraussetzt. LSD bewirkt somit haargenau das Gegenteil von dem, was man von einem Betäubungsmittel (Anästhetikum) erwartet, Minderung oder Ausschaltung der sensorischen Feinfühligkeit.

Wie schon erwähnt, ist der Fachbegriff für Betäubungsmittel, Anästhetikum, als Negation zum Begriff Ästhetik gebildet worden und bedeutet nicht empfinden, nicht wahrnehmen. Es ist somit völlig widersprüchlich und unlogisch, LSD als Betäubungsmittel zu bezeichnen, da diese Substanz die Sinne anregt und das Wahrnehmungsspektrum stimuliert und erweitert und nicht, wie ein echtes Betäubungsmittel, das Potential für Reizempfindungen dämpft und betäubt.

 

LSD- und MDMA-induzierte angstvolle Ichauflösung (AIA) im Vergleich

Angstzustände sind nach der Einnahme von LSD auch häufiger festzustellen als nach der Einnahme von MDMA. Die Skala, die den Grad der angstvollen Ichauflösung angibt, zeigt bei LSD ein Plus von knapp zehn Prozent gegenüber MDMA an. MDMA scheint somit als Partydroge ein geringeres Gefahrenpotential in sich zu bergen, was das Risiko anbelangt, durch Angstzustände auf Paranoia oder auf einen Horror zu kommen.


Angstvolle Ichauflösung LSD + 9%

Angstzustände können u.a. durch Erkenntnisse hervorgerufen werden. Menschen, die durch ihre Erziehung gelernt haben, keine Gefühle zu zeigen und über lange Zeit hinweg ihre Gefühle systematisch verdrängt haben und dann plötzlich nach der Einnahme von LSD in einen Bewußtseinszustand gelangen, von dem aus sie erkennen, wie groß eigentlich ihr existentielles Defizit und wie bedrückend ihre emotionelle Armut durch die stetige Unterdrückung ihres gesamten Gefühlslebens eigentlich ist, können leicht in eine angstauslösende tiefe Depression geraten. Für einen oberflächlichen Betrachter der Situation scheint die eingenommene Droge die Ursache der Angstzustände sein, doch der Wahre Grund liegt in einer langjährigen widernatürlichen Lebensweise. Der durch LSD ausgelöste Bewußtseinszustand hat nur das durch eine starre Konventionalität verursachte seelische Defizit offenbart. Der LSD erfahrene Dichter Ernst Jünger hat diesen Zusammenhang einmal sehr treffend formuliert: Drogen sind die Schlüssel zu den Tiefen der Seele, die freilich nicht mehr erschließen können, als unser Inneres verbirgt.

Der als sehr erfahren im Umgang mit Drogen geltende Schriftsteller Ronald Steckel kommentiert diese Art von Erkenntnis treffend mit den Worten: "Selbst im besten Fall kann LSD nur einen Vorhang vom dem entfernen, was unter der Oberfläche ist, und wenn man hinter dem Vorhang in der Hölle ist, zeigt einem LSD die Hölle."

 

LSD- und MDMA-induzierte ozeanische Selbstentgrenzung (OSE) im Vergleich

Beglückende Erlebnisse im außergewöhnlichen Bewußtseinszustand durch eine ozeanische Selbstentgrenzung (Auflösung der Ich-Du-Welt-Grenze als Erfahrung des Einsseins mit sich und der Welt) sind nach der Einnahme von MDMA etwas häufiger zu beobachten als nach der Einnahme von LSD. Die gegenwärtigen soziokulturellen Rahmenbedingungen begünstigen auf der empatischen Ebene eine leicht höhere Erlebnisfähigkeit als auf der entheogenen Ebene. Es gibt jedoch auch zahlreiche beeindruckende Berichte von außergewöhnlichen Bewußtseinszuständen, die durch eine ozeanische Selbstentgrenzung im Rahmen von LSD-Erfahrungen, geprägt waren.


Ozeanische Selbstentgrenzung MDMA + 7%

Der Bewußtseinsforscher und auf die Substanzen Ketamin und LSD spezialisierte Sachbuchautor John C. Lilly berichtet über sein Einssein mit dem Universum: Ich empfand eine neue Achtung für das, was ich in mir herumtrug und was ich in einem gewissen Sinne auf diesen Ebenen des Denkens und Funktionieren war... Das wunder besteht darin, daß das Universum einen Teil seiner selbst geschaffen hat, um den Rest seiner selbst zu studieren., und das dieser Teil, indem er sich selbst studiert, den Rest des Universums in seinen eigenen, natürlichen inneren Wirklichkeiten findet."

Ich selbst, Hans Cousto, habe mein Erleben der LSD-induzierten ozeanischen Selbstentgrenzung einmal in die folgenden Wort zusammengefaßt: "LSD zeigte mir, daß ich ein Teil des Universums bin und wie dieses in mir resoniert – so erlangte mein Sein in dieser Welt eine kosmische Dimension."

Ein achtzehnjähriges Mädchen beschreibt seine durch MDMA neu gewonnenen Einstellung zum Leben: "Für mich bedeutet eine spirituelle Erfahrung, das du dadurch für den Fluß des Lebens geöffnet wirst. Es ist ein Erlebnis, durch das dein natürlicher Zustand des Einsseins ungehindert zum Ausdruck kommt."


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