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Drug-Checking in Deutschland

Ein Referat von Hans Cousto
vorgetragen in Erfurt am 26. Mai 2004
anläßlich der FDR-Fachkonferenz "Addicted to Party"


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EU-Parlament für mehr Drug-Checking in Europa
In der Stellungnahme des Ausschusses für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten für den Ausschuß für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik zum Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Prävention und Reduzierung von Risiken im Zusammenhang mit der Drogenabhängigkeit wurden am 11. Dezember 2002 zwei Änderungsanträge zur Förderung sekundärpräventiver Maßnahmen unter Einbeziehung von Drug-Checking eingegliedert. Im Änderungsantrag 7 Absatz 2 Unterabsatz 3a (neu) heißt es:

„[...] die von einigen Mitgliedstaaten durchgeführten innovativen Projekte unterstützen, die zu positiven Ergebnissen geführt haben und die darauf ausgerichtet sind, den Tod von Drogenabhängigen zu verhindern und ihre gesundheitlichen Risiken zu mindern, wie beispielsweise die „shooting rooms“ (Fixerstuben) und die mobilen Einheiten für Erste-Hilfe-Maßnahmen und Analyse der Stoffe.“


Im Änderungsantrag 8 Absatz 2 Unterabsatz 4a (neu) heißt es:

„[...] die Maßnahmen zur Minderung der Risiken im Zusammenhang mit dem Konsum von synthetischen Drogen auf Parties (free parties, raves, Diskotheken, Konzerte ...) auf der Grundlage einer geeigneten Information, der Prävention, der ärztlichen Betreuung und einer raschen Kontrolle der Produkte (Tests, Drug-Checking) genehmigen, fördern und allgemein anwenden.“

Begründung:

„Die Empfehlung sollte sich auf den Bereich der Minderung von Risiken im Zusammenhang mit dem Konsum von synthetischen Drogen auf Parties erstrecken. Zahlreiche gesundheitliche Probleme sind auf den Mangel an Informationen und die zufallsbedingte Qualität der synthetischen Drogen zurückzuführen, die meistens an gelegentliche Konsumenten verkauft werden.“

Der Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Prävention und Reduzierung von Risiken im Zusammenhang mit der Drogenabhängigkeit (Dokument: A5-0021/2003) wurde am 13. Februar 2003 mit den Änderungen gemäß Anträge mit 375 Ja-Stimmen gegen 46 Nein-Stimmen und 35 Enthaltungen – also mit einer überwältigenden Mehrheit – angenommen.

 

Schlußbemerkungen
Im 1998 erschienenen Band 5 der Reihe Forschung und Praxis der Gesundheitsförderung der BZgA „Prävention des Ecstasykonsums – Empirische Forschungsergebnisse und Leitlinien – Dokumentation eines Statusseminars der BZgA vom 15. bis 17. September 1997 in Bad Honnef“ kommt das Thema Drug-Checking überhaupt nicht vor, obwohl seinerzeit in den Medien recht häufig dieses Thema abgehandelt wurde. Im Band 19 der gleichen Reihe, der 2002 erschienen ist, sind, wie schon erwähnt, teils tendenziöse, teils falsche Angaben zur Thematik zu finden. Im Drogen- und Suchtbericht 2001 der Bundesregierung (erschienen im Mai 2002) wird der Begriff Drug-Checking einmal erwähnt. Auf Seite 37 heißt es:

„Darüber hinaus wurde im September 2001 mit szenenahen Initiativen und Experten aus der Suchtprävention und Suchthilfe eine bundesweite Expertentagung durchgeführt. Deren Ziel war es, in einem Konsensprozeß die zentralen Eckpunkte einer nachhaltigen Sucht- und Drogenpolitik im Bereich des Partysettings zu formulieren und tragfähige Leitlinien für die Prävention in der Partyszene zu verabschieden. Die Ergebnisse dieser Expertentagung werden im Sommer 2002 in einer Fachheftreihe der BZgA unter dem Titel „Suchtprävention in der Partyszene“ publiziert. Zentrale Erkenntnisse dieser Tagung betreffen die Möglichkeiten und Grenzen von Drug-Checking, Peer-Ansätzen und Risiko­kommunikation für ihren Einsatz in drogennahen Settings.“

In den folgenden Drogen- und Suchtberichten der Bundesregierung (erschienen im April 2003 respektive April 2004) sucht man vergeblich nach den gewonnenen Erkenntnissen betreff Möglichkeiten und Grenzen von Drug-Checking, da dieser Begriff in beiden Berichten nicht vorkommt und das Thema völlig außen vor gelassen wurde. Dies, obwohl die Drogen- und Suchtkommission beim Bundesministerium für Gesundheit in ihrer „Stellungnahme zur Verbesserung der Suchtprävention“ – die am 4. Juni 2002 vorgelegt wurde – zum Thema Drug-Checking folgende Empfehlung gab (S. 31):

„Das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn sollte durch vermehrte Ausnahmegenehmigungen Erprobungsprojekte ermöglichen und prüfen, ob zukünftig auf bestimmte repressive Bestimmungen verzichtet werden kann (z.B. Untersuchung von Betäubungsmittelproben zur Schadensminimierung – „Drug-Checking“)“

Den Bericht der Drogen- und Suchtkommission wie auch die zugehörige Pressemitteilung vom 4. Juni 2002 der Bundesdrogenbeauftragten wurden seitens des Gesundheitsministeriums von ihrer eigenen Web-Site entfernt. Das Thema Drug-Checking scheint in Deutschland politisch nicht opportun zu sein. Drogenpolitik wird in Deutschland nach wie vor in vielen Bereichen aufgrund ideologischer und nicht aufgrund pragmatischer Kriterien gestaltet. Dies gilt besonders für das Drug-Checking.

 

Nachtrag: Lernfähige Polizisten
Um junge Partybesucher für das Drug-Checking-Programm von Eve & Rave Schweiz zu sensibilisieren, veröffentlichte der Nachtschatten Verlag in Solothurn Postkarten und Aufkleber, auf denen eine große Abbildung einer Ecstasy-Pille zu sehen war. Darüber waren Botschaften wie „Wir wollen wissen was drin ist!“ oder „Wo Ecstasy draufsteht, muß keineswegs Ecstasy drin sein!“ zu lesen. Auf diese Weise wurden die jungen Partybesucher auf die Möglichkeit des Vorhandenseins von Ecstasy-Falsifikaten auf dem Schwarzmarkt aufmerksam gemacht und zum Testen ihrer Pillen animiert.

Da das „Logo der Polizei – Polizeistern“ und der Name „Polizei“ in Deutschland gesetzlich nicht geschützt sind, muß sich auch die Polizei vor Falsifikaten schützen. So warnten der Verlag Deutsche Polizeiliteratur GmbH und die Gewerkschaft der Polizei in der Fachzeitschrift „Polizei – Dein Partner“ in einem Inserat ihre Anzeigenkunden vor ‚unseriösen Polizeiverlagen‘ unter dem Titel „Stop, Vorsicht Trittbrettfahrer – Abzocke unter dem guten Namen der Polizei oder der Gewerkschaft der Polizei“ mit dem Spruch „Wo Polizei draufsteht, muß keineswegs Polizei drin sein!“. Aufmerksam wurden die Polizisten auf diese Formulierung durch die Tatsache, daß der Nachtschatten Verlag regelmäßig in der besagten Zeitschrift inseriert und somit mit der Anzeigenverwaltung des Verlages Deutsche Polizei­literatur GmbH in Kontakt steht. Die Polizisten haben dann den Spruch von Eve & Rave zum Schutz vor Falsifikaten für ihre Zwecke adaptiert (siehe Abbildung S. 11).

Polizisten scheinen lernfähiger zu sein als Politiker es sind.

 

 

 

 

E-Mail-Adresse des Autors: cousto@eve-rave.net

 

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Fußnoten:

   

1.

Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Prävention und Reduzierung von Risiken im Zusammenhang mit der Drogenabhängigkeit – Dok.: A5-0021/2003; Verfahren: Konsultation, Aussprache und Annahme: 13.02.2003 (mit 375:46:35 Stimmen)
http://www2.europarl.eu.int/omk/sipade2?PUBREF=-//EP//TEXT+PRESS+DN-20030213-1+0+DOC+XML+V0//DE&LEVEL=2&NAV=S#SECTION2

   

2.

Das Europaparlament spricht sich mit 407 gegen 46 Stimmen und 35 Enthaltungen für mehr Drug-Che­cking-Programme in Europa aus!
http://www2.europarl.eu.int/omk/sipade2?L=DE&OBJID=10659&LEVEL=3&MODE=SIP&NAV=X&LSTDOC=N

   

3.

BZgA: Prävention des Ecstasykonsums – Empirische Forschungsergebnisse und Leitlinien – Dokumenta­tion eines Statusseminars der BZgA vom 15. bis 17. September 1997 in Bad Honnef, Köln 1998
http://www.bzga.de/bzga_stat/fachpubl/pdf-datei/dfh05.pdf

   

4.

Drogen und Suchtbericht Mai 2002
http://www.bmgs.bund.de/download/broschueren/a601_2002.pdf

   

5.

Drogen- und Suchtkommission beim Bundesministerium für Gesundheit: Stellungnahme der Drogen- und Suchtkommission zur Verbesserung der Suchtprävention, Bonn 2002
http://www.DroGenKult.net/?file=text004

   

6.

Caspers-Merk, Marion (Drogenbeauftragte der Bundesregierung): Pressemitteilung vom 4. Juni 2002
http://www.cannabislegal.de/politik/bmg-20020604.htm

Damit das Weglassen dieser Pressemitteilung auf der Web-Site des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung nicht so schnell auffällt, hat das Ministerium aus allen Pressemitteilungen der Drogen­beauftragten aus den Jahren 2001 und 2002 die fortlaufende Nummerierung entfernt – wahrlich eine Art der Informationspolitik wie zu Stalins Zeiten in der Sowjetunion üblich war.

   

7.

In der Schriftenreihe „Polizei – Dein Partner, GdP“ erscheinen Publikationen mit regionaler oder über­regionaler Verbreitung und richten sich an interessierte polizeiliche Dienststellen, Organisationen und Vereinigungen.
http://vdpolizei.de/

Auch der „Bundesadler“ – das Emblem der Bundesrepublik Deutschland – ist gesetzlich nicht geschützt, ja er gibt nicht einmal eine einheitlich festgelegte amtliche Norm für die Ausgestaltung des „Bundesadllers“. Vergleiche hierzu die erstaunlichen Feststellungen eines niederländischen Stempelmachers in der Presse­mitteilung von Eve & Rave Berlin vom 6. Januar 2004, S. 19 f.
http://www.eve-rave.net/presse/presse04-01-06.pdf

 


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