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Drug-Checking -
sinnvolles Instrumentarium der Drogenhilfe?

Dipl.-Arbeit für die Prüfung zum Erwerb des Akademischen Grades Dipl.-Sozialarbeiter/- Sozialpädagoge
eingereicht von Axel Mähler


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9. 4   Zum Widerspruch zwischen Prohibition und der
       Enkulturation illegalisierter Drogen

Zunächst möchte ich zusammenfassend nochmal beschreiben, was das Wesen einer »gemeinen Drogenkultur« ausmacht: In einer »gemeinen Drogenkultur«, so wurde festgestellt, ist der Drogenkonsum ein sozial integriertes Ereignis, eingebettet in eine vertraute, verläßliche Gemeinschaft, der eine wichtige Rolle zukommt. Diese Gemeinschaft verfügt über erfahrungsgeleitete und tradierte Regeln, Rituale, Zeremonien, Gebräuche, Normen, Werte und Kenntnisse, die der kulturellen Regulierung und Kontrolle des Drogenkonsums dienen und wodurch den Mitgliedern der Gemeinschaft Halt und Orientierung im Umgang mit Drogen geboten wird. Durch Regeln, Rituale usw. wird ein gemäßigter Genuß festgeschrieben und gefährlichen Situationen vorgebeugt, Risiken für die seelische und körperliche Gesundheit werden minimiert, während man gleichzeitig die Voraussetzungen für ein maximal gewinnbringendes, konstruktives und positives Drogenerlebnis schafft. »Konsumnovizen« erhalten in dieser Gemeinschaft eine Einführung in den rechten Gebrauch von Drogen, werden von den diesbezüglich bereits Kundigen mit der inneren Ordnung der »Drogenkultur« vertraut gemacht. Schließlich tragen in einer »gemeinen Drogenkultur« die erwähnten Regeln, Rituale usw. dazu bei, daß die für den Verlauf einer Drogenerfahrung so wichtigen Faktoren Drug, Set und Setting ausreichende Berücksichtigung beim Drogenkonsum finden. So ist man als Gemeinschaftsmitglied innerhalb einer »Drogenkultur« genau darüber informiert, welche Droge, in welcher Dosierung, wann, mit wem, wo, in welcher Situation, unter welchen physischen und psychischen Grundvoraussetzungen und unter welchen Rahmenbedingungen bekömmlich ist. Drogengebrauch stellt zudem innerhalb der Gemeinschaft einer »gemeinen Drogenkultur« kein isoliertes Ereignis dar, sondern ist eingebettet in eine Verständigung über das rechte Leben und über die Rolle, die Drogen darin zukommen kann. Alles in allem tragen die beschriebenen Merkmale einer »gemeinen Drogenkultur« dazu bei, daß in ihr mit Drogen nicht in problematischer, sondern in autonomer und kundiger Form umgegangen werden kann. Eine »gemeine Drogenkultur« besitzt unübersehbar einen wahrhaft »suchtpräventiven« »risikominimierenden«, »gesundheitsförderlichen« sowie »die Interessen der Konsumenten berücksichtigenden« Charakter.

Mit Marzahn habe ich bereits festgestellt, daß in der Bundesrepublik Deutschland keine im obigen Sinne entwickelte gemeine Drogenkultur existiert, weder im legalen Drogenbereich, wo die Verführungsstrategie des Marktimperativs störenden Einfluß nimmt, noch im Bereich der illegalisierten Drogen, wo durch Verbot, Kriminalisierung und soziale Ausgrenzung ein »Drogen-Problem« scheinbar überhaupt erst geschaffen wurde. Unter den Bedingungen der Prohibition können sich Drogen(sub)kulturen mit oben beschriebenem schützenden, gesundheitsförderlichen und suchtpräventiven Charakter nur sehr unvollkommen, wenn überhaupt entwickeln, da sie als Objekt der Drogenpolitik benachteiligt, bekämpft und verfolgt werden:

So wurde in Kapitel 2 bereits deutlich, daß die infolge der prohibitionistischen Drogenpolitik fehlende Qualitäts- bzw. Quantitätskontrolle illegalisierter Substanzen zu einer unnötigen gesundheitlichen Gefährdung der Drogengebraucher führt. Diese können prohibitionsbedingt den Faktor »Drug« bei der Realisierung ihres Konsumbedürfnisses nicht einschätzen und angemessen berücksichtigen. Gesundheitliche Risiken ergeben sich infolge unerwartet hoher Dosierungen oder auch infolge des ungewollten Konsums toxisch wirkender Streckmittel und Syntheseverunreinigungen.

Es konnte in Kapitel 2 zudem dargestellt werden, daß auch die Entwicklung von Regeln und Ritualen, die ja innerhalb »gemeiner Drogenkulturen« von so großer Bedeutung sind, prohibitionsbedingt erschwert wird, infolge der fehlenden Reflexionsmöglichkeiten des Drogenkonsums. Ebenfalls prohibitionsbedingt auf der Strecke bleiben wichtige Kenntnisse und Informationen zu Drug, Set und Setting, wie sie solche (Safer-Use-)Regeln und Rituale ja zum Inhalt haben. Den risikobewußten und selbstverantwortlichen Umgang mit illegalisierten Drogen zusätzlich erschwerend, kommen dann noch die Verwirrung stiftenden Desinformationen hinzu, die Politiker und sensationslüsterne Medien zu verantworten haben.

Schließlich steht die Prohibition noch in einem unversöhnlichen Gegensatz zu einem weiteren Merkmal der »gemeinen Drogenkultur«: Denn unter Prohibitionsbedingungen kann von der Einbettung des Drogenkonsums in eine vertraute, verläßliche Gemeinschaft keine Rede sein, das »Setting« ist vielmehr geprägt von Gefahren wie polizeiliche Verfolgung, richterliche Bestrafung, Diskriminierung und Stigmatisierung. U.a. weist Henning Schmidt-Semisch darauf hin, daß prohibitionsbedingt das Entstehen von Gebraucher-Gemeinschaften und damit auch die Kommunikation unter den Drogengebrauchern erheblich gestört wird. Der gefahrlose Austausch und die offene Weitergabe von Wissen, Regeln, Normen und Werten sind erschwert. Ein kultureller Kontrollprozeß kann sich so nicht richtig entfalten, eine »gemeine Drogenkultur« nicht entstehen:

»Gleichzeitig wird aber durch die Prohibition die Kommunikation unter den Gebrauchern, die Entwicklung und Weitergabe von kontrollierenden Regeln, die Entstehung von geselligen Gebraucher-Gemeinschaften etc. verhindert. Gerade auch Neueinsteigern fehlt häufig der Kontakt zu einer Gruppe kontrollierter Gebraucher, in der sie einen gemäßigten Konsum erlernen können. Der Lernprozeß findet vielmehr im Rahmen der herrschenden prohibitionistischen Situation statt, also innerhalb einer Szene, die aufgrund der Illegalität und des Beschaffungsdrucks vom Mißtrauen aller Beteiligten geprägt ist. Unter solchen Bedingungen steigt das Risiko des Mißlingens dieses Lernprozesses. Eine Gruppe Neuer wird sich gegenüber Neuen abschotten, denn schließlich ist die Gefahr, an einen V-Mann der Strafverfolgungsbehörden zu geraten, nicht gering. Das Erlernen eines kontrollierten Konsummusters ist daher mehr oder weniger dem Zufall überlassen und der Anfänger hat meist nur die Wahl zwischen Abstinenz oder Fixerszene, d.h. exzessiven Konsummustern


Je mehr hingegen der Drogenkonsum sozial toleriert, integriert und nicht verheimlicht wird, desto größere Chancen haben (potentielle) Drogenkonsumenten, von den Erfahrungen anderer mit Drogen zu hören und zu lernen, desto eher bilden sich suchtpräventiv und risikominimierend wirkende Gebraucher-Gemeinschaften .

Auch Scheerer und Vogt, die sich in »Drogen und Drogenpolitik« kritisch mit dem BtMG auseinandergesetzt haben, bemängeln dort das prohibitionsbedingte Fehlen einer verläßlichen Gebraucher-Gemeinschaft beim Konsum illegalisierter Drogen. Sie stellen fest, daß die Prohibition u.a. deshalb risikoerhöhende Konsquenzen für die Konsumenten illegalisierter Drogen hat, weil die Bedingungen konstanter Verfolgung eine Herausbildung risikomindernder informeller Kontrollen unter den Konsumenten selbst, also die Herausbildung einer »Drogenkultur« verhindern. Sie gehen davon aus die Herausbildung einer Drogenkultur z.B. auch den kontrollierten, nicht-abhängigen Konsum von Heroin fördern könnte .

Fazit: Die Prohibition - den Einsatz repressiver Mittel beinhaltend - hat rein gar nichts zu dem Ziel einer gesundheitsförderlichen und suchtpräventiven Regulierung und Kontrolle des Drogenverhaltens beizutragen, sondern besitzt im Gegenteil risikoerhöhenden Charakter. Erst die Prohibition verhindert den prinzipiell möglichen, sozial integrierten, ritualisierten, regelorientierten und daher auch kontrollierten, gesundheitsschonenden und risikominimierten Umgang mit den (derzeit noch) illegalisierten Drogen.

 

 

9. 5   Drug-Checking als Beitrag zum Prozeß der
       Enkulturation (noch) illegalisierter Drogen

Klar ist jedoch auch: Trotz all der prohibitionsbedingten Gefahren, werden die illegalisierten Drogen weiterhin konsumiert. Das Ziel bundesdeutscher Drogenpolitik, Drogenkonsum flächendeckend zu unterbinden, wurde bis heute nicht erreicht und wird niemals erreicht werden, es sei denn vielleicht in einem Staat, wie Orwell ihn in seinem berühmten Buch »1984« beschrieben hat . Selbst Horrorszenarien in den Medien, kostenintensive Polizeieinsätze und harte Gerichtsurteile waren nicht in der Lage, das in Bezug auf Drogen bestehende Interesse vor allem der Jugendlichen und jungen Erwachsenen merklich zu vermindern, noch konnte auf diese Weise der bundesdeutsche »Drogenschwarzmarkt« auch nur ansatzweise »ausgetrocknet« werden. Das Betäubungsmittelgesetz ist eine Rechtsnorm, die von vielen in seiner heutigen Form nicht akzeptiert und als grobes Unrecht erlebt wird, da es eine einseitige und willkürliche Beschneidung individueller Lebensgestaltung mit sich bringt und bestimmte Gruppierungen der Gesellschaft diskriminiert während es andere bevorzugt .

Erinnert sei hier z.B. an die Technoszene, in der ein Unrechtsbewußtsein hinsichtlich des Konsums illegalisierter Drogen praktisch nicht existiert. Das heißt, es gibt in der Bundesrepublik Deutschland etliche Menschen, die trotz des Verbots nicht bereit sind zu verzichten auf den Konsum illegalisierter Drogen, auf drogeninduzierte Ekstaseerlebnisse und Rauschzustände - die ja, Gelpke folgend, in unmittelbarer Beziehung zu schöpferischen Phantasien, Muße, Meditation, Inspiration, Innenschau, Sensibilität, magischen und mystischen Fähigkeiten und schließlich zu Einsichten und Eingebungen künstlerischer, philosophischer und religiöser Art stehen können . Die Vielzahl von Menschen, die solch positive Erfahrungen im Gebrauch mit den illegalisierten Substanzen gemacht haben, lehnen die staatlich diktierte Drogenabstinenz ab und fordern, in ihrer Drogenmündigkeit ernst genommen zu werden. Zudem erscheint der Alkoholrausch, als der in Deutschland einzigste offiziell anerkannte drogeninduzierte Rausch, vielen Menschen als unattraktiv, langweilig und auch zu gesundheitsschädlich.

Wenn Rausch in einem konstruktiven und positiven Sinne in Beziehung steht mit den von Gelpke aufgeführten Attributen wie Innenschau, Sensibilität, philosophische und religiöse Einsichten usw., ist sowieso mehr als zweifelhaft ob im Zusammenhang mit Alkohol von Rausch die Rede sein sollte oder aber das Wort »Betäubung« hier nicht besser paßt. Ein Blick auf diejenigen, die sich zum Alkohol als ein Mittel der Bewußtseinsveränderung hingezogen fühlen, erhöht diese Zweifel: Zum Alkohol als Mittel der Bewußtseinsveränderung greift man in unserer Gesellschaft anscheinend überwiegend um sich Mut anzutrinken; gewisse Dinge oder sich selbst zu vergessen, ehe man genießen und sich freuen kann; um der Langeweile oder dem Gefühl auswegloser Einsamkeit zu entrinnen oder um innere Leere und seelische Verödung zu verdrängen. In dieser Form, als Helfer in der Not - so stellt Gelpke fest - läßt unsere Gesellschaft den Rausch gerade noch gelten, ansonsten besitze er jedoch leider keinen Eigenwert . Etlichen Menschen ist das jedoch zu wenig. In einer von Affektverleugnung und Verdrängung dominierten Gesellschaft , die kaum Raum läßt für wirklich befriedigende Rausch- und Ekstaseerlebnisse, greifen sie deshalb - sozusagen als Hilfsmittel - auf die diesbezüglich vielversprechenden illegalisierten Substanzen zurück. Dies tun jene Menschen allerdings nicht, ohne sich dabei z.T. großen gesundheitlichen Gefahren und sozialen Risiken aussetzen zu müssen, die aus dem Verbot bzw. der nicht vorhandenen kulturellen Einbettung dieser Substanzen resultieren. Es wird deshalb aus meiner Sicht Zeit, daß der Schwerpunkt der Drogenpolitik nicht mehr auf Verfolgung und Bestrafung, sondern auf den Schutz der Gesundheit aller Bürger gelegt wird, wozu eben auch die nicht wenigen Konsumenten illegalisierter Drogen zu zählen sind. Reglementierung und Bestrafung des Menschen darf nicht höher geachtet werden, als dessen psychische und körperliche Unversehrtheit.

Erreicht werden kann das Ziel gesundheitsförderlicher Regulierung und Kontrolle des Drogenverhaltens aus meiner Sicht letztlich nur - und hier schließe ich mich Autoren wie Marzahn oder Schmidt-Semisch an - , indem man die Errichtung einer »gemeinen Drogenkultur« bzw. die Einbettung der heute noch illegalisierten Substanzen in subkulturelle Regelwerke und Kontrollmechanismen anstrebt. Die »gemeine Drogenkultur« liefert die richtigen Rahmenbedingungen für einen vernünftigen Umgang mit Drogen: Eingebettet in eine vertraute und verläßliche Gemeinschaft, werden »Konsumnovizen« zu einem kundigen, autonomen Umgang mit Drogen befähigt. Dies schließt eine in bezug auf Drogen abstinente Haltung nicht aus, macht sie aber nicht zum Zwang.

Eine »gemeine Drogenkultur« ist jedoch nicht von heute auf morgen mal so eben errichtet. Problematisch ist auch, daß realistischerweise aufgrund ».. der Vielfalt der in der Drogenarbeit und -politik involvierten nationalen wie internationalen Interessen, [...] ein schneller Übergang von der Prohibition in die Freigabe [...] nicht zu realisieren [ist] .« Unverzichtbare Voraussetzung einer »gemeinen Drogenkultur« ist jedoch gerade die legale, straffreie Zugänglichkeit zu den heute noch absolut verbotenen Drogen (wenn auch innerhalb eines unumgänglichen Kontrollmodells, das u.a. die Qualitätssicherung, Werbeverbot oder Abgabe- bzw. Verkaufsbeschränkungen in bezug auf Mengen, Zielgruppen etc. regelt). Aus diesen Gründen kann es auf dem Weg zu einer »gemeinen Drogenkultur« lediglich um realisierbare, in Richtung Liberalisierung und Legalisierung weisende Zwischenschritte gehen, die auch von der Drogenhilfe zu verfolgen sind . Meiner Meinung nach kann es sich die Drogenhilfe heute nicht mehr leisten, den Wächter einer so fragwürdigen Norm wie die der Drogenabstinenz zu spielen, will sie nicht den letzten Rest von Glaubwürdigkeit und damit auch den Zugang zur Zielgruppe ihrer Arbeit (zu den Drogenkonsumenten) verlieren. Statt dessen sollten die Interventionsstrategien der Drogenhilfe darauf zielen, den Konsumenten auch der illegalisierten Drogen sachliche Informationen, glaubwürdige Beratung, Möglichkeiten zum risikominimierten Drogengebrauch und weitere sinnvolle Hilfsangebote offerieren zu können. Wenn Drogengebrauch nicht zu verhindern ist (und warum auch sollte er grundsätzlich verhindert werden), so wird es automatisch zur Aufgabe der Drogenhilfe, durch entsprechende Hilfsangebote im Sinne der »harm reduction« die Gebraucher illegalisierter Drogen zu einem eigenverantwortlichen, selbstgesteuerten, risikominimierten, risikobewußten, gesundheitsschonenden und vor allem reflektierten Umgang mit Drogen zu befähigen. Drugchecking wäre ein solches Hilfsangebot und zudem auch ein sinnvoller Zwischenschritt auf dem Weg zur »Enkulturation illegalisierter Drogen«. Drug-Checking ist gleich in mehrfacher Hinsicht in der Lage, zur Gesundheitsförderung, zur schrittweisen Enkulturation der illegalisierten Drogen, sowie zur Milderung oder gar Beseitigung prohibitionsbedingter, aber auch sonstiger Probleme hinsichtlich des Umgangs mit diesen Substanzen beizutragen. Ich möchte diese Vorzüge von Drug-Checking hier nun abschließend stichpunktartig aufführen:

Drug-Checking bietet dem Drogenkonsumenten Schutz vor gesundheitlichen Gefährdungen, die von Überdosierungen, unerwarteten Wirkstoffen, Syntheseverunreinigungen und toxischen Streckmitteln ausgehen.

Drug-Checking begünstigt und ermöglicht den reflektierten, kompetenten, und selbstkontrollierten Drogenkonsum. Drug-Checking ist daher ein Beitrag zur Förderung der Drogenmündigkeit bzw. zur Förderung der Risikokompetenz der Konsumenten illegalisierter Drogen.

Das Angebot von Drug-Checking besitzt einen sehr niedrigschwelligen Charakter, d.h. es genießt bei den Konsumenten illegalisierter Drogen höchstes Ansehen und wird von ihnen gerne in Anspruch genommen. Mit Hilfe von Drug-Checking erhält man so leichten Zugang zu Drogenkonsumenten, die ansonsten überhaupt nicht oder viel zu spät erreicht würden. Auf diese Weise können auch sonst komplett unzugängliche Lebenswelten wie z.B. die Partydrogenszene erschlossen werden: Im Rahmen der Drug-Checking-Beratung erhält die soziale Arbeit die Möglichkeit, z.B. auf Peers der Partydrogenszene pädagogisierend einzuwirken, die dann als »Szenemultiplikatoren« die empfangenen Safer-Use-Regeln, suchtpräventiven Botschaften etc. weitervermitteln.

Auf Drug-Checking basierende Informations- und Beratungsgespräche schärfen das Risikobewußtsein und die Sachkenntnis der Drogengebraucher.

Drug-Checking regt zu einer vertieften und selbstkritischen Reflexion des eigenen Drogenkonsums an. Hieraus erfolgt häufig eine gesundheitsförderliche und risikominimierende Änderung des Konsumverhaltens.

Drug-Checking fördert die Herausbildung einer autonomen »Drogengebrauchskultur«, in der Regeln und Rituale einen genußorientierten und schadensminimierten Drogengebrauch ermöglichen.

Die Veröffentlichung der Drug-Checking-Analyseresultate hat deutlich qualitätsverbessernde Auswirkungen auf die Produkte des Schwarzmarktes.

Das mit Hilfe von Drug-Checking gewinnbare Datenmaterial stellt die Voraussetzung und Grundlage für eine rationale, wissenschaftliche fundierte Suchtpräventions- und Aufklärungsarbeit dar.

 


Fußnoten:
  1. Henning Schmidt-Semisch: Drogen als Genußmittel. München 1992, 65f .
  2. Vgl. F. Nolte, S. Quensel, A. Schultze, a.a.O., 107 .
  3. Vgl. Sebastian Scheerer, Irmgard Vogt (Hrsg.): Drogen und Drogenpolitik. Frankfurt; New York 1989, 19f .
  4. L. Böllinger, H. Stöver und L. Fietzek stellen hierzu fest, daß bereits heute ein den Rechtsstaat unterwanderndes, geheimdienstähnliches Heer existiert, das im »Krieg gegen die Drogen« sowie vor allem im »Krieg gegen die Konsumenten« eingesetzt wird. (vgl. L. Böllinger, H. Stöver, L. Fietzek, a.a.O., 33-35.) .
  5. Vgl. Hans Cousto, In: BOA e.V. (Hrsg.): Pro Jugend - Mit Drogen. Solothurn 1998, 135f .
  6. Vgl. R. Gelpke, a.a.O., 131 .
  7. Vgl. R. Gelpke, ebd .
  8. Vgl. Michael Diettrich-Hartleib, In: akzept e.V. (Hrsg.): Leben mit Drogen. Berlin 1991, 201 .
  9. L. Böllinger, H. Stöver, L. Fietzek, a.a.O., 152 .
  10. Ich bin mir der besonderen Brisanz dieser Forderung übrigens bewußt: Aus Gründen der Arbeitsplatzsicherung nämlich muß es dem Drogenhilfesystem zutiefst widerstreben, bei der Entwicklung einer »gemeinen Drogenkultur« hilfreich zu sein, droht die damit einhergehende Verminderung von Drogen (politk)problemen doch einen großen Teil der heutigen Bereiche von Drogenarbeit überflüssig zu machen .

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