Eve-Rave.net Druckversion - Info
Eve & Rave Archiv (diese Seiten werden nicht mehr aktualisiert)
News Vereine Drug-Checking Kultur Politik Berichte § § Download Presse Safer Use Webverzeichnis

Drug-Checking -
sinnvolles Instrumentarium der Drogenhilfe?

Dipl.-Arbeit für die Prüfung zum Erwerb des Akademischen Grades Dipl.-Sozialarbeiter/- Sozialpädagoge
eingereicht von Axel Mähler


[zurück] [Inhalt] [vor]


 

»Every drug, legal or illegal, provides some reward. Every drug presents some risk. And every drug can be abused. Ultimately, in my opinion, it is up to each of us to measure the reward against the risk and decide which outweighs the other. [...] My philosophy can be distilled into four words: be informed, then choose

Alexander Shulgin

 

 

 

1.   Einleitung

»Drug-Checking - was ist das überhaupt?« Die wenigsten Personen, denen ich das Thema meiner Diplomarbeit mitteilte, wußten etwas mit diesem Begriff anzufangen. Aus diesem Grunde sei an dieser Stelle zunächst in sehr knapper Form dargestellt, worum es sich bei »Drug-Checking« handelt. In Deutschland ins Gespräch gebracht und in der Zeit von Februar 1995 bis September 1996 auch praktiziert wurde Drug-Checking von dem Verein Eve & Rave. Dieser Verein gründete sich im Oktober 1994 auf Initiative des Soziologen Helmut Ahrens und einigen Ravern aus der Berliner Techno-Partyszene, u.a. mit dem Ziel der Minderung der (szenespezifischen) Drogenproblematik. Dieses Ziel konnte jedoch aus Sicht der »Raver-Selbstorganisation« nicht erreicht werden, indem man an den herkömmlichen normativen Vorgaben wie z.B. Abstinenz festhielt, da diese als der eigenen Lebenswelt nicht angemessen und deshalb unfruchtbar erschienen. Stattdessen orientierte man sich bei der Entwicklung von Konzepten zur Minderung der Drogenproblematik an der eigenen Kultur und Lebenswelt, in welcher der Wunsch nach Wahrnehmungs- und Erlebnisveränderung durch Drogen, nach Rausch und Ekstase, als ein zu akzeptierendes menschliches Urbedürfnis angesehen wird.

Auf die Eigenverantwortung des Konsumenten setzend, versucht die lebensweltbezogene Präventionsarbeit von Eve & Rave vor allem durch glaubwürdige Aufklärung zur Risiko- und Schadensminimierung beizutragen. Nach dem Motto »Just say know« ist man der Überzeugung: Je mehr die Konsumenten über Drogen wissen, umso weniger werden sie schädliche Konsummuster entwickeln. Das Ziel eines eigenverantwortlich gestalteten Drogenkonsums findet jedoch dort seine Grenzen, wo der Konsument den genauen Inhalt und die Dosis der von ihm bevorzugten Substanz nicht kennt, wie dies bei den illegalisierten Drogen der Fall ist. Die Bedingungen des Schwarzmarktes machen eine qualitative und quantitative Kontrolle bzw. eine genaue Bestimmung des Inhalts der illegalisierten Drogen unmöglich. Aus diesem Grund fordert Eve & Rave die Einführung von Drug-Checking (drug [engl.] = Droge, Rauschgift ; check [engl.] = kontrollieren, überprüfen), womit ein wie auch immer umzusetzendes Verfahren gemeint ist, welches den Konsumenten die qualitative, aber auch die quantitative Bestimmung und Kontrolle von Ecstasy sowie anderer illegalisierter Substanzen ermöglichen soll. Auf diese Weise kann vermieden werden, daß Drogengebraucher sich unnötigen gesundheitlichen Risiken aussetzen, wie sie z.B. von unerwarteten Überdosierungen, toxisch wirkenden Syntheseverunreinigungen oder Streckmitteln ausgehen. Drug-Checking ist demnach ein Instrumentarium zur Gesundheitsförderung und Risikominimierung hinsichtlich des Konsums illegalisierter Drogen .


In Kapitel 2 (Die Bedingungen des Drogenschwarzmarktes als Ausgangspunkt von Drug-Checking) soll diese Argumentationslinie der Drug-Checking-Befürworter näher dargestellt und untersucht werden.


Alsdann werden in Kapitel 3 (Drug-Checking-Modelle) (ehemals) existierende Drug-Checking- bzw. Interventionsmodelle vorgestellt, die jeweils als Reaktion auf die eben kurz angedeuteten prohibitionsbedingten, gesundheitlichen Risiken des Konsums illegalisierter Substanzen ins Leben gerufen wurden. In den Niederlanden, aber auch in Deutschland hat man inzwischen Erfahrungen mit Drug-Checking gesammelt.


Drug-Checking impliziert eine akzeptierende Grundhaltung gegenüber dem Konsum illegalisierter Drogen, was die Vermutung rechtfertigt, daß es in das Konzept der »akzeptierenden Drogenarbeit« hineinpaßt. Diese versteht sich »... im Rahmen von Gesundheitsförderung als eine Strategie der Schadensbegrenzung bei vorbehaltloser Akzeptanz der Tatsache, daß jemand Drogen nimmt. «
Nachdem der Begriff »akzeptierende Drogenarbeit« jahrelang wie ein rotes Tuch auf die Vertreter einer abstinenzorientierten oder prohibitiven Linie wirkte und dies z.T. heute noch tut, gilt er inzwischen dennoch überwiegend als Beleg für eine moderne, professionelle Drogenarbeit. Insbesondere der von der »akzeptierenden Drogenarbeit« ausgewählte Fokus »harm reduction« (engl. = Schadensbegrenzung) wird als wirksame Form der Drogenhilfe anerkannt und mit öffentlichen Mitteln unterstützt . In Kapitel 4 (Drug-Checking aus Sicht der »akzeptierenden Drogenarbeit«) soll es zunächst darum gehen, jene Überlegungen und Argumente näher zu beleuchten, die zur Entwicklung und letztlich zur weitgehenden Anerkennung des akzeptierenden Ansatzes beigetragen haben. Anschließend soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit »Drug-Checking« als akzeptierendes Leistungsangebot der Drogenhilfe einen Beitrag zur Verwirklichung der Ziele »akzeptierender Drogenarbeit« leisten kann und daher als sinnvoll erscheint. In Kapitel 5 (Drug-Checking - Zukünftiges Präventionsinstrument der Drogenhilfe? Von der Drogenprävention zur Drogenmündigkeit) gehe ich der Frage nach, wie Drug-Checking aus der Sicht der modernen Drogen- bzw. Suchtpräventionsarbeit zu bewerten ist. Das in der Politik auch heute noch weitverbreitete Verständnis der alten Bundesregierung von Drogen- bzw. Suchtprävention wurde beispielhaft im »Nationalen Rauschgiftbekämpfungsplan« (BMJFFG und BMI 1990) formuliert. Demnach müssen alle präventiven Maßnahmen folgende Leitlinien der Drogenpolitik vermitteln:

    • Totale Abstinenz im Hinblick auf illegalisierte Drogen
    • Selbstkontrollierter Umgang mit legalen Suchtmitteln
      (z.B. Alkohol- und Tabakerzeugnisse) mit dem Ziel weitgehender Abstinenz
    • Bestimmungsgemäßer Gebrauch von Medikamenten .


Während also den Gebrauchern legaler Drogen ein selbstkontrollierter Umgang zugestanden wird, verlangt man die totale Abstinenz gegenüber den illeglisierten Drogen. Aus Sicht der »akzeptierenden Drogenarbeit« entsteht aus einer solchen Forderung die Problematik, daß Drogen- bzw. Suchtprävention den illegalisierten Drogen in Fortsetzung staatlicher Verbotsrechtfertigung eine Sondergefährlichkeit zu unterstellen hat, um nicht dem Gesetzeszweck zuwider zu handeln . Die Forderung nach totaler Abstinenz gegenüber illegalisierten Drogen auf der einen Seite, während man auf der anderen Seite das Zugeständnis eines selbstkontrollierten Umgangs mit legalen Drogen macht, führt jedoch zu einem massiven Glaubwürdigkeitsverlust der Präventionsarbeit. Im täglichen Erleben nämlich bekommen Jugendliche und junge Erwachsene u.a. am Beispiel von Cannabis, Ecstasy und Alkohol mit, daß die Möglichkeit eines kontrollierten Umgangs mit Drogen völlig unabhängig von ihrem Rechtsstatus ist. Auf die Adressaten des abstinenzorientierten Präventionsansatzes wirkt dieser deshalb offensichtlich doppelmoralisch, nicht sachlich begründet und deshalb also unglaubwürdig . Nicht nur aus diesem Grund wird der traditionell abstinenzorientierte Präventionsansatz zunehmend in Frage gestellt. Als effektiver und sinnvoller werden statt dessen zunehmend akzeptierende Präventionsansätze wahrgenommen, zu deren Schwerpunkten sich u.a. die substanzbezogene Gefahrenminimierung (z.B. durch Drug-Checking) zählt.

Die u.a. von Eve & Rave oder auch der »akzeptierenden Drogenarbeit« postulierte Annahme jedoch, daß ein eigenverantwortlicher Umgang mit den illegalisierten Substanzen generell möglich sei, wird von Drug-Checking-Gegnern bestritten. Dies wird z.B. deutlich im folgenden Ausschnitt eines Interviews mit Eduard Lintner, ehemaliger Beauftragter der Bundesregierung für Drogenfragen:

[Frage:] »Denken Sie, daß es Möglichkeiten des selbstverantwortlichen, kontrollierten Konsums z.B. bei Ecstasy und Cannabis gibt? Wo sehen Sie die Risiken, wenn die Drogeneinnahme der Eigenverantwortung der Konsumenten unterstellt würde?

[Lintner:] Natürlich gibt es immer wieder Menschen, die nicht abhängig, also nicht süchtig werden. Nur ob man zu diesen seltenen Ausnahmen zählt, stellt sich erst heraus, wenn es für viele bereits zu spät ist. Nach unseren Erfahrungen neigen junge Leute in diesem Zusammenhang auch leicht zur Selbstüberschätzung, so nach der Devise: »Ich kenne die Gefahren und passe auf, dann kann mir nichts passieren!« Sie unterschätzen auf diese Weise gewaltig das Suchtpotential solcher Substanzen. [...] «



Aus der Sicht von Eduard Lintner gibt es also Substanzen, deren Suchtpotential so groß ist, daß ihr Gebrauch nur in sehr seltenen Fällen nicht zwangsläufig in die Abhängigkeit führt. Die Sichtweise Eduard Lintners findet im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) Unterstützung. Dieses hat u.a. zum Ziel, »... den Mißbrauch von Betäubungsmitteln sowie das Bestehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen ...« . Als Betäubungsmittel werden dabei solche Stoffe angesehen, »... die nach [angeblich, d. Verf.] wissenschaftlicher Erkenntnis wegen ihrer Wirkungsweise eine Abhängigkeit hervorrufen können, deren betäubende Wirkungen wegen des Ausmaßes einer mißbräuchlichen Verwendung unmittelbar oder mittelbar Gefahren für die Gesundheit begründen oder die der Herstellung solcher Betäubungsmittel dienen ...« . Unter »Mißbrauch« oder »mißbräuchlicher Verwendung« hat man hierbei entsprechend der WHO-Definition »... einen dauernden oder vereinzelten übermäßigen Drogengebrauch [zu verstehen], der ohne Beziehung zu einer annehmbaren medizinischen Praxis erfolgt oder mit einer solchen unvereinbar ist ...« . Auch das BtMG schreibt also bestimmten psychoaktiven Substanzen eine Art Sondergefährlichkeit zu, die deshalb verboten werden müssen. Diese Sondergefährlichkeit sieht das BtMG deshalb als gegeben an, weil die betroffenen Substanzen angeblich in besonderer Weise geeignet seien, um beim Konsumenten zum einen eine Abhängigkeit hervorzurufen, zum anderen, weil bei ihnen die Gefahr eines Mißbrauchs und die damit verbundene Wahrscheinlichkeit einer gesundheitlichen Schädigung als besonders groß eingeschätzt wird. Die Annahme des BtMG, daß bestimmte psychoaktive Substanzen illegalisiert werden müssen, da der diesbezügliche ungehinderte Zugang ein für die Gesundheit des einzelnen sowie der Bevölkerung (Volksgesundheit) unannehmbares Risiko darstellt, steht im Gegensatz zur Philosophie der »akzeptierenden Drogenarbeit«. Das Vorhaben der »akzeptierenden Drogenarbeit«, eine Be-mündigung als Alternative zur traditionell vorherrschenden Ent-mündigung der Drogenkonsumenten zu organisieren, zielt notwendigerweise auf einen liberaleren Umgang mit den derzeit illegalisierten Drogen, strebt langfristig sogar deren Legalisierung an: Denn »... im paternalistischen Drogenverbot ist das wesentliche Hemmnis zur Durchsetzung wahrhaft akzeptierender Drogenarbeit zu sehen ...« . Es ergibt sich also das Problem, daß akzeptierenden Ansätzen wie z.B. »Drug-Checking« durch Prohibition und Strafrecht enge Grenzen gesteckt sind. »Das deutsche Betäubungsmittelstrafrecht ist, so der BtMG-Kommentator Harald Hans Körner, vom Repressionsgedanken und dem Ziel einer drogenfreien Gesellschaft beherrscht und steht somit im Konflikt mit akzeptanzorientierter Drogenarbeit. Folglich geraten Präventionsmaßnahmen wie das Drug-Checking in Kollision mit Strafbestimmungen des BtMG Drug-Checking, so Körner, verstößt gemäß herrschender Rechtsauffassung in der Bundesrepublik gegen verschiedene Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG), ist deshalb also nicht legal . Zwar existieren auch andere Interpretationen des BtMG, die dem Angebot von Drug-Checking eine »rechtliche Machbarkeit im Rahmen geltender Gesetze« bescheinigen. Das Drug-Checking-Anbietern unzumutbare Risiko der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen Verstoßes gegen das BtMG (Entgegennahme, Aufbewahrung, Untersuchung, Weitergabe, Entledigung von BtM), kann dennoch bis zur eindeutigen Klarstellung der Unbedenklichkeit bestimmter Drug-Checking-Formen eben im BtMG nicht sicher ausgeschlossen werden .


Der Anspruch einer wirklich gründlichen Klärung der Fragestellung »Drug-Checking - sinnvolles Instrumentarium der Drogenhilfe?« erlaubt es nicht, die impliziten Einwände des BtMG gegen das Drug-Checking-Verfahren zu ignorieren. Es erschien mir deshalb im Rahmen dieser Arbeit unumgänglich, bestimmte grundsätzliche Fragen, die Logik des BtMG betreffend, näher zu erörtern:

Zunächst soll in Kapitel 6 (Zur Gefährlichkeit von Ecstasy und Heroin) am Beispiel von Ecstasy und Heroin überprüft werden, ob das Risiko einer gesundheitlichen Schädigung beim Konsum der in den Anlagen I - III des BtMG aufgeführten Substanzen tatsächlich so groß ist, daß das drogenpolitisch angestrebte Ziel diesbezüglicher Abstinenz die einzig vertretbare Umgangsform hiermit darstellt. Es geht hierbei letztlich auch um die Klärung der Frage, ob Drug-Checking fahrlässig zur Verharmlosung höchstgiftiger Substanzen beiträgt und deshalb verboten bleiben muß.


Anschließend soll die das BtMG bestimmende »pharmakozentrische« Interpretation von Drogenabhängigkeit einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. Ist das Problem der Abhängigkeit tatsächlich vor allem der suchterzeugenden Potenz eines Mittels zuzuschreiben, wie es das BtMG annimmt? Gibt es tatsächlich Substanzen, deren Konsum unweigerlich zum Kontrollverlust, zum Verlust der individuellen Eigenverantwortlichkeit führt? Ist Drug-Checking schließlich deshalb abzulehnen, weil dadurch der Bevölkerung in unverantwortlicher Weise suggeriert wird, auch mit den derzeit noch illegalisierten Substanzen bestehe ohne weiteres die Möglichkeit eines kontrollierten, eigenverantwortlichen Umganges? In Kapitel 7 (Zur Kritik an der pharmakozentrischen Interpretation von Drogenabhängigkeit) sollen diese Fragen geklärt werden.


Drug-Checking-Gegner wie z.B. Eduard Lintner argumentieren, Drug-Checking untergrabe die general- bzw. spezialpräventive Wirkung der strafrechtlich orientierten Drogenpolitik . Drug-Checking ermuntere angeblich zum Konsum der illegalisierten Drogen und begünstige dessen Fortsetzung, indem es diese Substanzen verharmlose . Jedoch nicht nur im Falle von Drug-Checking, eigentlich immer wenn es um Teilschritte der Liberalisierung oder um »Harmreduction«-Maßnahmen geht, die nicht ausschließlich auf Abstinenz abzielen, wird von konservativen Drogenpolitikern angedroht, daß man damit bedeutsame strafrechtliche Dämme brechen und »Drogenfluten« heraufbeschwören würde. In Kapitel 8 (Zum Verhältnis von Drug-Checking und Prohibition) sollen zunächst die angeblichen general- bzw. spezialpräventiven Erfolge der strafrechtlich orientierten Drogenpolitk genauer betrachtet werden. Ist die Prohibition tatsächlich das am besten geeignete Mittel, um Menschen vor einem selbstschädigenden Gebrauch psychoaktiver Substanzen abzuhalten? Geht überhaupt irgendein nennenswerter präventiver Effekt von der Prohibition aus? Alsdann soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit die Angst, Liberalisierungs- bzw. Harmreduction-Maßnahmen - wie z.B. Drug-Checking - könnten Drogenfluten verursachen, rationaler Natur ist. Ermuntert Drug-Checking also tatsächlich zum Konsum illegalisierter Drogen? Wirkt sich Drug-Checking kontraproduktiv auf Präventionsbemühungen aus? Würde das Angebot von Drug-Checking tatsächlich dazu führen, daß ein erheblich größerer Teil der Bevölkerung als im Moment anfängt, in maßloser und selbstschädigender Weise illegalisierte Drogen zu konsumieren? Oder schärft Drug-Checking nicht vielleicht vielmehr das Bewußtsein für das Gefahrenpotential dieser Substanzen und trägt entsprechend zu einem reflektierten und kontrollierten Konsumverhalten bei?


Geht es um die Entwicklung von Alternativen zur Prohibition, die nach Ansicht vieler Experten großen gesellschaftlichen Schaden anrichtet und Drogenprobleme überhaupt erst schafft, wo ansonsten gar keine wären, so ist häufig von der »Enkulturation« der (noch) illegalisierten Drogen die Rede. Es soll schließlich in Kapitel 9 (Drug-Checking als Beitrag zum Prozeß der Enkulturation (noch) illegalisierter Drogen) dargestellt werden, auf welche Weise Drug-Checking als ein pragmatischer Zwischenschritt bei der Verfolgung des Ziels »Enkulturation illegalisierter Drogen« eine wichtige Rolle spielen kann. Denn, wie Böllinger, Stöver und Fietzek feststellen: »Auf dem Weg zur Legalisierung der Drogen sind Zwischenschritte einer »Liberalisierung« nötig, die einerseits einen Schritt hin zu dem entfernten Gesamtziel darstellten, andererseits in die blockierte Situation Bewegung brächten. «



Ich möchte darauf hinweisen, daß ich diese Arbeit ausschließlich in der männlichen Form verfaßt habe, da ich es als sehr unangenehm empfinde, Texte mit beiden Bezeichnungen (der /die KonsumentIn) zu lesen. Ich hoffe auf Verständnis der LeserInnen, die großen Wert auf diese Form legen.


Substanzen (Stoffe) sind nicht per se legal oder illegal, sondern sie werden per Rechtsverordnung durch die Exekutive als illegal deklariert (§1 Abs. 2 BtMG bzw. §1 Abs. 4 BtMG). Entsprechend dieser sehr wichtigen Differenzierung wird im Rahmen der Arbeit - auch auf die Gefahr hin, penetrant zu erscheinen - nicht von »illegalen«, sondern stets von »illegalisierten« Drogen, Substanzen, Stoffen etc. die Rede sein.

 


Fußnoten:
  1. Alexander Shulgin, zit. in: Jürgen Neumeyer, Henning Schmidt-Semisch (Hrsg.): Ecstasy - Design für die Seele? Freiburg im Breisgau 1997, 85 .
  2. Vgl. Hans Cousto: Vom Urkult zur Kultur. Solothurn 1995. 203-208 .
  3. Vgl. Hans Cousto: Drug-Checking. Solothurn 1999. 243-258 .
  4. Akzept e.V. (Hrsg.): Materialien Nr.3 - Leitlinien der akzeptierenden Drogenarbeit. Münster 1999, 5 .
  5. Vgl. Akzept e.V. (Hrsg.): Materialien Nr.3 - Leitlinien der akzeptierenden Drogenarbeit. Münster 1999, 5-7 .
  6. Vgl. L. Böllinger, H. Stöver, L. Fietzek: Drogenpraxis, Drogenrecht, Drogenpolitik. Frankfurt a.M. 1995, 91 .
  7. Vgl. L. Böllinger, H. Stöver, L. Fietzek, a.a.O., 51f .
  8. Vgl. L. Böllinger, H. Stöver, L. Fietzek, a.a.O., 91f .
  9. Eduard Lintner, In: Bernhard van Treeck (Hrsg.): Partydrogen. Berlin 1997, 122 .
  10. Klaus Weber: BtMG. München 1999, 4 .
  11. K. Weber, a.a.O., 6 .
  12. Was hier aus Sicht des BtMG sowie laut WHO-Definition als Miß-brauch betrachtet wird, kann man übrigens aus anderer Perspektive ebensogut als den simplen Ge-brauch der jeweiligen Substanz erkennen. »Denn die Unterscheidung zwischen dem was »rechter« und was »falscher« Gebrauch ist, besteht nicht per se: Sie wird von Menschen getroffen, sie legen fest (z.B. im Alltag, in Arzneimittelverordnungen, im Betäubungsmittelstrafrecht), wann »angemessener Gebrauch« aufhört und »Mißbrauch« beginnt. Es sind Menschen, die diese Bewertung treffen, die Normen aufstellen, an denen andere sich zu orientieren haben.« (Johannes Herwig-Lempp: Von der Sucht zur Selbstbestimmung. Dortmund 1994, 32.) .
  13. K. Weber, a.a.O., 12 .
  14. L. Böllinger, H. Stöver, L. Fietzek, a.a.O., 51 .
  15. Heino Stöver (Hrsg.): Akzeptierende Drogenarbeit. Freiburg im Breisgau 1999, 136 .
  16. Vgl. H. Stöver (Hrsg.), ebd .
  17. Vgl. H. Stöver (Hrsg.), a.a.O., 137 .
  18. Man unterscheidet zwischen dem »generalpräventiven« und dem »spezialpräventiven« Anspruch der strafrechtlich dominierten Drogenpolitik. Während der spezialpräventive Anspruch zum Ziel hat, diejenigen von ihrem weiteren Tun abzuschrecken, die bereits Kontakt mit illegalisierten Drogen haben, beabsichtigt der generalpräventive Anspruch (Noch-)Nicht-Konsumenten auch weiterhin vom Drogengebrauch abzuhalten .
  19. Vgl. H. Stöver (Hrsg.), a.a.O. 134 .
  20. L. Böllinger, H. Stöver, L. Fietzek, a.a.O., 168 .

[zurück] [Inhalt] [vor]



Powered by Apache and Debian © 1999-2012 by Eve & Rave Webteam
webteam@eve-rave.net