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Drug-Checking -
sinnvolles Instrumentarium der Drogenhilfe?

Dipl.-Arbeit für die Prüfung zum Erwerb des Akademischen Grades Dipl.-Sozialarbeiter/- Sozialpädagoge
eingereicht von Axel Mähler


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6. 2   Heroin

Es genügt hier ein Satz: »... Heroin [verursacht] an sich gesehen [...] keine irreversiblen körperlichen Störungen, auch nicht nach chronischem Gebrauch .« Alle weiteren Kommentare sind wohl überflüssig.

 

 

6. 3   Zum Abhängigkeitspotential von Heroin und Ecstasy

Ich gehe in diesem Kapitel bewußt nicht näher auf das Abhängigkeitspotential von Heroin und Ecstasy ein. Dies hat seinen Grund darin, daß sich in einem anderen Kapitel die pharmakozentrische Interpretation von Abhängigkeit - wie sie das BtMG impliziert - als unangemessen, weil viel zu verkürzt und einseitig herausstellen wird. Mit anderen Worten: Ob ein Mensch »drogenabhängig« wird (was immer man sich auch darunter vorstellen mag), hat in erster Linie immer etwas mit dem jeweiligen Menschen zu tun, hingegen wird Drogenabhängigkeit nicht von der jeweiligen Droge hervorgerufen. Unbestreitbar kann der jeweilige »pharmakologische Imperativ« einer Droge einen gewissen Anteil zur Aufrechterhaltung der Abhängigkeit beitragen. Die entscheidenden Gründe jedoch, warum ein Mensch überhaupt erst das Bedürfnis entwickelt, sich von einer Droge abhängig zu machen und warum er schließlich auch abhängig bleiben will, liegen bei diesem selbst. So gesehen ist es sinnlos, lange über das Abhängigkeitspotential von Heroin, Ecstasy, Zigaretten, Kaffee, Zucker, Gummibärchen u.ä. zu streiten.

 

 

6. 4   Zusammenfassung

Das BtMG unterstellt einer Reihe von psychoaktiven Substanzen eine Sondergefährlichkeit, die es angeblich rechtfertigt, diese Substanzen zu verbieten. Es wird u.a. angenommen, daß der Konsum dieser Substanzen eine Abhängigkeit hervorrufe, sowie eine besonders große Gefahr der gesundheitlichen Schädigung beinhalte. Mit dem Hinweis auf die vermeintliche Sondergefährlichkeit der illegalisierten Substanzen, weisen die Gegner von Drug-Checking darauf hin, daß es sich hier um ein Instrumentarium handele, das fahrlässig zur Verharmlosung dieser Stoffe führen würde und daher nicht genehmigt werden dürfe. In einem anderen Kapitel verweise ich auf eine empirische Untersuchung, die belegt, daß »Drug-Checking« von den Adressaten nicht als eine Verharmlosung von Drogen wahrgenommen wird. Das Ergebnis dieser Untersuchung brachte vielmehr hervor, daß Drug-Checking bei potentiellen Drogenkonsumenten das Bewußtsein für das Gefahrenpotential einer Droge schärft und ggf. zu einer vertieften Reflexion des eigenen Konsumverhaltens anregt. Der Vorwurf, Drug-Checking stelle eine Verharmlosung von Drogen dar, bagatellisiere also tatsächlich vorhandene Gefahren, ist somit ungerechtfertigt. In diesem Kapitel ging es mir allerdings um etwas anderes. Ich versuchte in diesem Kapitel am Beispiel von Ecstasy und Heroin zu klären, ob von den illegalisierten Drogen tatsächlich die vom BtMG und von Drug-Checking-Gegnern behauptete Sondergefährlichkeit ausgeht. Mein Ergebnis stimmt mit einer Äußerung des Mediziners und Pharmakologen Erik Fromberg überein, der feststellt:

»So fehlen zum Beispiel rationale Argumente für die heute gängige Unterscheidung zwischen legalen und illegalen Mitteln...


Anhand meiner eigenen Recherchen kann auch ich die vom BtMG unterstellte Sondergefährlichkeit in den Fällen von Heroin und Ecstasy nicht bestätigen. Während Heroin in seiner reinen Form sowie in angemessener Dosierung keine gesundheitlich irreversiblen Schäden anrichten kann, gehen zweifellos von Ecstasy (MDMA) gewisse Risiken aus. Diese Risiken teilt der Wirkstoff allerdings mit einer langen Reihe anderer psychoaktiver Substanzen - wie z.B. dem Alkohol, aber auch mit zahlreichen Medikamenten. Ich bin daher gleicher Meinung mit Jürgen Neumeyer und Henning Schmidt-Semisch, die feststellen:

»Alles in allem erscheint uns Ecstasy daher als eine Substanz, die - mit einigem Wissen über und Beachten ihrer Wirkungen, Nebenwirkungen und Kontraindikationen - weitgehend unproblematisch konsumiert werden kann. Das bedeutet nicht, daß wir glauben, daß - selbst bei der Verfügbarkeit adäquater Informationen - nicht auch Ecstasy auf eine Art und Weise konsumiert werden kann und wird (!), die zu Problemen der unterschiedlichsten Art führen kann, aber wir bestreiten, daß dies Legitimation genug ist, Ecstasy zu verbieten bzw. sein Verbot aufrechtzuerhalten


Dem ist nicht mehr viel hinzuzufügen. Ich stelle lediglich fest, daß auch aus diesem Blickwinkel betrachtet, der von Drug-Checking-Gegnern vorgebrachte Vorwurf - Drug-Checking verharmlose hochgefährliche Substanzen - ungerechtfertigt ist. Da es sich nämlich, wie zumindest am Beispiel von Heroin und Ecstasy nachgewiesen werden konnte, nicht um hochgefährliche Substanzen handelt, können sie überhaupt nicht verharmlost werden. Es ist die Prohibition selbst, die den Umgang mit Substanzen wie Ecstasy und Heroin zu einer gesundheitlich riskanten Angelegenheit werden lassen. Dieser Zusammenhang wurde bereits in Kapitel 2 ausführlichst dargestellt.

 


Fußnoten:
  1. Vgl. S. Scheerer, I. Vogt, a.a.O., 305 .
  2. Dieser Begriff stammt von Sidney Cohen. Er beschreibt die neurochemische Grundlage von Drogenabhängigkeit, die darin besteht, daß eine Substanz sich aufgrund einer pharmakologischen Eigendynamik sozusagen unentbehrlich macht. Der pharmakologische Imperativ einer Substanz ist u.a. verantwortlich für Entzugserscheinungen. Der berühmte Heißhunger auf etwas Süßes z.B. ist Ausdruck des pharmakologischen Imperativs von Zucker (eine übrigens nicht ganz ungefährliche Droge). Man kann dieses Phänomen auch aus anderer Perspektive erklären: So strebt das menschliche Gehirn stets einen Zustand des Gleichgewichts an. Äußere Einflüsse wie z.B. psychoaktiven Substanzen stören das Gleichgwicht - das Gehirn reagiert nun mit Gegensteuerungsmaßnahmen um es wiederherzustellen. Nimmt man den äußeren Einfluß (die Substanz) nun wieder weg, entsteht ein neues Ungleichgewicht, welches sich in Form von Entzugserscheinungen solange äußert, bis das Gehirn sich auf die neue Situation eingestellt hat. (Vgl. BOA e.V. (Hrsg.): Pro Jugend - Mit Drogen? Solothurn 1998, 121.) .
  3. Erik Fromberg, In: F. Nolte, S. Quensel, A. Schultze (Hrsg.): Wider besseres Wissen, Bremen 1996, 22 .
  4. J. Neumeyer, H. Schmidt-Semisch (Hrsg.): a.a.O., 271 .

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