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26 Fragen und Antworten zu Ecstasy und Drug-Checking

Kleine Anfrage zu Ecstasy
eingebracht am 3. Dezember 1999 von Hubert Hüppe (CDU/CSU)


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  1. Die Antworten zu den einzelnen Fragen

    1. Fragen 20 - 26
      Antwort von Christa Nickels

 

Frage 20:

Sind der Bundesregierung Methoden des ‘Drug-Checking’ bei Ecstasy bekannt, die nicht nur qualitative, sondern auch quantitative Aussagen über die Inhaltsstoffe und das damit verbundene Schädigungspotential gestatten?

Antwort: Im Drug-Checking-Verfahren werden zum Teil hochdruckflüssigchromatografische Verfahren (HPLC) genutzt. Diese Verfahren erlauben den Nachweis und die quantitative Bestimmung von Inhaltsstoffen in den Tabletten. Voraussetzung ist allerdings, daß zu diesen Stoffen entsprechende qualitative und quantitative Vergleichsdaten in den Datensammlungen eingestellt wurden. Die der Bundesregierung bisher vorliegenden Informationen zu Drug-Checking-Verfahren lassen die Frage nach einer fachlich fundierten Bewertung des Schädigungspotentials unbeantwortet.

 

Frage 21:

Teilt die Bundesregierung die Auffassung der niederländischen Gesundheitsministerin, daß "Zweifel an der präventiven Wirkung des Testens (Drug-Checking) wachsen" (Frankfurter Allgemeine Zeitung 2.12.1998)?

Antwort: Die Bundesregierung prüft die in der Antwort zu Frage 19 genannten Fragen im Bezug auf das sog. Drug-Checking. Sie stimmt aber mit der im zitierten Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ebenfalls wiedergegebenen Auffassung der niederländischen Gesundheitsministerin überein, daß "das Testen als ein Mittel dient, um die Angebotsseite des Marktes zu überwachen." Aktuell verfolgt die niederländische Regierung die Politik der Schadensminimierung im Partydrogenbereich, zu der auch das Drug-Checking gehört, weiter. Aus diesem Grund hat das renommierte Trimbos-Institut (Utrecht) im Auftrag der Regierung ein Drogen-Informations-Monitoring-System (DIMS) eingerichtet und sammelt die bei Maßnahmen des Drug-Checking gewonnenen Informationen über Ecstasy zentral. Diese werden anschließend den Drogenberatungsstellen zur Verfügung gestellt.

 

Frage 22:

Wie beurteilt die Bundesregierung die Befürchtung, daß durch ‘Drug-Checking’ bei Konsumenten der Eindruck erweckt werden könnte, der Konsum von reinem MDMA sei unbedenklich, solange keine weiteren Beimengungen festgestellt werden?

Antwort: Es wird auf die Antwort zu Frage 19 verwiesen.

 

Frage 23:

An welchen, gezielt auf die Prävention des Ecstasykonsums gerichteten Maßnahmen der Bundesregierung läßt sich der von der Drogenbeauftragten der Bundesregierung in ihrer Pressemitteilung vom 28. Juli 1999 erklärte "neue Stellenwert" der Prävention messen?

Antwort: Eine Suchtprävention, die nur auf eine Substanz orientiert ist, führt nicht zum gewünschten Erfolg. Denn dem Konsum von Ecstasy geht in der Regel der Konsum von anderen Suchtstoffen wie Alkohol, Nikotin und Cannabis zeitlich voraus. Deshalb verfolgt die Bundesregierung den von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gewählten Ansatz der Basisaufklärung, wie etwa in der Kampagne "Kinder stark machen" weiter und ergänzt ihn um spezifische Maßnahmen im Hinblick auf einzelne Suchtmittel. Beim Thema "Ecstasy" steht die Bundesregierung in Kontakt zu zahlreichen Projekten der sog. Partyszene, wie z.B. dem Projekt "mind zone" in Bayern, "eve and rave" in Köln, Münster und Berlin, "drugscouts" in Sachsen und dem "Party Projekt" in Bremen, um nur einige zu nennen. Diese Projekte, in denen auch Partygänger (sog. raver) selbst mitarbeiten, verfolgen einen peer to peer Ansatz, der effektive Kommunikationswege zu den adressierten Jugendlichen verspricht und deshalb die Prävention unterstützen kann. Dieser Ansatz wird auch im Jahresbericht 1999 der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) anerkannt. Die Bundesregierung wird die verstärkte Zusammenarbeit mit diesen Projekten suchen. Im übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 17 und 18 verwiesen.

 

Frage 24:

Liegt das von der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, anläßlich ihres Gesprächs mit der Technoinitiative "eve and rave", BKA, BZgA und anderen Experten in einer Pressemitteilung vom 28.7.1999 angekündigte "umfassende Präventionskonzept gegen die Risiken dieser Substanzen (Ecstasy)" vor, und wer ist an seiner Erarbeitung und Umsetzung beteiligt?

Antwort: Die Bundesregierung wird ein umfassendes Präventionskonzept gegen die Risiken aller Suchtstoffe erarbeiten. Hierbei beratend tätig zu werden, ist eine der ersten Aufgaben der neu gebildeten Drogen- und Suchtkommission. Ein wesentlicher Gesichtspunkt wird die Stärkung der Lebenskompetenz und Entscheidungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen sein, die bereits jetzt durch einzelne Kampagnen, etwa der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, verfolgt wird.

Das Fachgespräch am 22.7.1999 mit und auf Wunsch von Vertretern der Szeneorganisation "eve and rave", Verbandsvertretern aus dem Drogen- und Suchtbereich und unter Beteiligung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, des Bundeskriminalamtes sowie weiterer Behörden stand in einer Reihe von weiteren Gesprächen und diente u.a. der Information über verbesserte kommunikative Zugangswege zu Risikogruppen jugendlicher Drogenkonsumenten. Dabei richteten die Szeneorganisationen ihr Augenmerk besonders auf die Praxis des Drug-Checking in Deutschland und im benachbarten Ausland, während das Bundesministerium für Gesundheit Wert darauf legte, daß Drug-Checking allenfalls Teil einer umfassenden Präventionsstrategie zugunsten der betroffenen Risikogruppen sein könne. Die Vertreter von "eve and rave" boten an, schriftlich ein Konzept zur Prävention gegenüber den betroffenen Risikogruppen, die sich vorrangig in der Techno- und Partyszene finden, zu erstellen . Das Konzept liegt noch nicht vor..

 

Frage 25:

In welcher Höhe fördert die Bundesregierung dieses "umfassende Präventionskonzept" gegen die Risiken des Ecstasykonsums aus Bundesmitteln?

Antwort: Eine finanzielle Förderung ist nicht vereinbart worden.

 

Frage 26:

Wie viele auf "Partydrogen" spezialisierte Beratungsstellen existieren in Deutschland, und in welcher Höhe erfahren sie Förderung aus Bundesmitteln?

Antwort: Nach Kenntnis der Bundesregierung gibt es in Deutschland nur sehr wenige auf "Partydrogen" speziell ausgerichtete Beratungsstellen. Dies liegt u.a. auch daran, daß insgesamt die Suchtberatungs- und -behandlungsstellen in Deutschland hochqualifizierte Einrichtungen darstellen, die kompetent mit allen Suchtproblemen umgehen können. Dies ist auch notwendig, weil zunehmend in den Beratungsstellen festgestellt wird, daß polytoxikomaner Gebrauch von Suchtmitteln eher die Regel ist als ein Monokonsum. In dem sog. EBIS-System, daß an ambulanten Beratungs- und Behandlungsstellen geführt wird, zeichnet sich seit einigen Jahren eine Zunahme des Beratungsbedarfs für Ecstasy ab, allerdings findet sich auch hier alleiniger Konsum von Ecstasy eher selten.

Ecstasy wird bisher in dem EBIS-System noch nicht als eigene Kategorie geführt, sondern erscheint in der Rubrik "sonstige psychotrope Substanzen". Ab 01.01.2000 wird das EBIS-System jedoch Ecstasy explizit erfassen, so daß noch detailliertere Daten über Zusammensetzung der Konsumenten und ihren Beratungsbedarf vorliegen werden.

Die Bundesregierung selbst fördert keine Beratungsstellen. Dies ist Aufgabe der kommunalen sowie der freien Träger und der Länder. Nur dann, wenn Beratungsstellen im Rahmen eines Modellprogramms beteiligt sind, fördert der Bund die modellbedingten Mehrkosten.

 


Fussnoten:

    1. Die Zusammenarbeit seitens der Bundesregierung mit zahlreichen Projekten der Partyszene wird zwar von der Bundesdrogenbeauftragten Christa Nickels immer wieder medienwirksam beteuert, doch werden in der Praxis die Organisationen, die aus der Szene heraus für die Szene Drogenaufklärung betreiben, bezüglich Informationen seitens der Bundesregierung völlig außen vor gelassen. Beispielsweise lag die "Thomasius-Studie" bereits im Januar 2000 dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vor. Am 29. Juni 2000 hat Christa Nickels, die Bundesdrogenbeauftragte, die Studie in Berlin anläßlich einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorgestellt. Szeneorganisationen (aber auch zahlreiche andere Drogenberatungsstellen) wurden nicht zur Vorstellung dieser Studie eingeladen. Selbst als der Termin schon fest stand und Journalisten bereits eingeladen worden waren, verweigerte der Leiter der Geschäftsstelle der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Ingo Ilja Michels, auf Anfrage seitens eines Mitarbeiters von Eve & Rave jegliche Auskunft über die Veröffentlichung der Studie. So entstand die groteske Situation, daß Drogenberater nach Veröffentlichung der Studie den Journalisten keine sachdienlichen Informationen zu derselben geben konnten und nicht selten die Medienleute um Einsicht in die Arbeit bitten mußten. Aufgrund dieser (amtlichen) Informationspolitik war dann auch die Berichterstattung mehr von der ideologischen als von der sachlichen Seite her geprägt. So bemerkte Die Welt am 3. Juli 2000 zurecht, daß die "Thomasius-Studie [...] weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit" von Christa Nickels veröffentlicht wurde.

    2. Im Gegensatz zur Formulierung hier "Das Fachgespräch am 22.7.1999 mit und auf Wunsch von Vertretern der Szeneorganisation ‘eve and rave’ ..." heißt es in der Presseerklärung der Drogenbeauftragten vom 28. Juli 1999 "In der vergangenen Woche fand auf Wunsch der Bundesdrogenbeauftragten ein Gespräch im BMG zwischen der Technoinitiative eve and rave ..." und im Drogen- und Suchtbericht 1999 der Drogenbeauftragten Christa Nickels vom 9. März 2000 sucht man vergeblich nach einem Hinweis auf dieses Gespräch.

    3. Ergebnis der Besprechung in Bonn ist, daß das techno-netzwerk berlin einen konzeptionellen Vorschlag zur Organisation von Drug-Checking ausarbeitet. Im Ergebnisvermerk der Sitzung von Dr. Möller (BMG) heißt es: "Es besteht Übereinstimmung, daß die Diskussion zur Gesamtproblematik fortgesetzt werden soll. Dazu wird vom techno-netzwerk Berlin ein konzeptioneller Vorschlag zur Organisation von Drug-Checking als Diskussionsgrundlage vorgelegt. Der Vorschlag sollte sich sowohl auf die Organisation eines Monitoring-Systems, als auch auf Drug-Checking vor Ort beziehen und dem präventiven Anspruch besondere Aufmerksamkeit widmen". In den Gesprächsnotizen (Protokoll) von Rüdiger Schmolke (eclipse e. V. Berlin/ecstasy projekt Hamburg) wird dieser Sachverhalt wie folgt wiedergegeben: "Am Ende des Gespräches werden die Selbstorganisationen von Seiten des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) gebeten, einen Konzeptentwurf "Drug-Checking" zu erarbeiten, das mögliche Drug-Checking-Modelle im Rahmen eines Präventions-Konzeptes, deren Umsetzungsmöglichkeiten und die vorgetragenen Bedenken enthält." Vgl.: H. Cousto: Eve & Rave – Vereinskonzept und Tätigkeitsbericht, Ausgabe Januar 2000, Solothurn 2000, S. 31 ff.

    4. Befremden löste der Schlußsatz der Antwort von Christa Nickels vom 4. Januar 2000 auf die Frage 24 der kleinen Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bei den Szeneorganisationen aus. In der Antwort heißt es, das von den Szeneorganisationen angefertigte Konzept läge noch nicht vor. Da seitens des BMG (Schreiben von Martin Köhler) jedoch bereits 1999 mehrere Stellungnahmen zu diesem Konzept erfolgten, kann diese Antwort nicht als wahr bezeichnet werden. Vielmehr hätte das BMG schreiben müssen, daß seitens des BMG Beanstandungen bestünden und eine redaktionelle Überarbeitung notwendig sei oder daß die Form nicht der üblichen "Norm" entspräche und korrigiert werden müßte. Vor diesem Hintergrund erscheint auch der Schlußsatz des Schreibens von Martin Köhler an das techno-netzwerk berlin vom 24. Januar 2000 nicht gerade überzeugend: "Im Übrigen haben wir in der öffentlichen Antwort auf die kleine Anfrage des Abgeordneten Hüppe CDU kein Hehl aus dem Gespräch und seinem zusammengefaßten Inhalt gemacht, woraus Sie ersehen können, daß es dem BMG nicht um Geheimniskrämerei geht." Innerhalb der ersten drei Monate nach Überreichung des Drug-Checking-Konzeptes für die Bundesrepublik Deutschland beschränkte sich die Kommunikation zwischen dem BMG und dem techno-netzwerk berlin ausschließlich auf Formalien, ein inhaltlicher Diskurs fand nicht statt.

    5. Zur Kompetenz und Glaubwürdigkeit von Drogenberatungsstellen und Gesundheitsbehörden im Vergleich zu beratenden Szeneorganisationen stellen A. Schroers und W. Schneider im Forschungsbericht ihrer sozial-ökologischen Evaluationsstudie "Drogengebrauch und Prävention im Partysetting" fest, daß Szeneinitiativen wie zum Beispiel Eve & Rave als Informationsquelle zum Umgang mit Drogen weit vor den Drogenberatungsstellen und Gesundheitsbehörden rangieren. So wurden die Szeneinitiativen etwa dreimal so häufig als Informationsquelle genannt wie die Drogenberatungsstellen und Gesundheitsbehörden. Auch bezüglich des Indikators "Vertrauen in die Information" liegen die Szeneinitiativen weit vor den Drogenberatungsstellen und den Gesundheitsbehörden. Mehr als die Hälfte der Befragten bezeichneten Szeneinitiativen als sehr vertrauenswürdig, Gesundheitsbehörden dagegen nur etwa jeder Vierte. Interessant ist hier auch die Wertung bezüglich des Mißtrauens. Kein Vertrauen in die Informationen von Szeneinitiativen hatten nur 6,5 Prozent der Befragten. Bei den Drogenberatungsstellen waren es mehr als doppelt so viele und bei den Gesundheitsbehörden sogar viermal so viele, die kein Vertrauen in die abgegebenen Informationen hatten.

      Bemerkenswert ist zudem, daß das Vertrauen in die Medien noch weit schlechter ist, als jenes, daß den Gesundheitsbehörden entgegengebracht wird. Nur etwa jeder Zehnte der Befragten gab an, die Informationen in Radio und Fernsehen seien sehr vertrauenswürdig, kein Vertrauen in Radio oder Fernsehen hatte hingegen etwa jeder Dritte der Befragten (A. Schroers, W. Schneider: Drogengebrauch und Prävention im Partysetting. Eine sozial-ökologische Evaluationsstudie. Forschungsbericht, Berlin 1998, S.46 f. u. S. 164.). Vgl. zur Glaubwürdigkeit der Informationsquellen die Evaluation des Präventionsprojektes Mind Zone. Hier rangiert in der Hierarchie der Glaubwürdigkeit die Tagespresse an letzter Stelle auf Platz 12 und Radio/Fernsehen auf Platz 8 der von 12 zur Auswahl angegebenen und zu bewertenden Informationsquellen (J. Künzel; Ch. Kröger; G. Bühringer: Evaluation des Präventionsprojekts Mind Zone, in: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Prävention des Ecstasykonsums – Empirische Forschungsergebnisse und Leitlinien; Dokumentation eines Statusseminars der BZgA vom 15. Bis 17. September 1997 in Bad Honnef,Köln 1998, S. 152.).


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