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26 Fragen und Antworten zu Ecstasy und Drug-Checking

Kleine Anfrage zu Ecstasy
eingebracht am 3. Dezember 1999 von Hubert Hüppe (CDU/CSU)


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  1. Die Antworten zu den einzelnen Fragen

    1. Fragen 12 - 19
      Antwort von Christa Nickels

 

Frage 12:

Wurden von dem Bundesministerium für Gesundheit oder der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) Studien zu schädigenden Wirkungen von Ecstasy (MDMA) in Auftrag gegeben oder unterstützt, und zu welchen Ergebnissen gelangten diese Studien bzw. wann sind solche Ergebnisse zu erwarten?

Antwort: Eine Reihe von Forschungsarbeiten zum Thema Ecstasy und seinen möglichen gesundheitsschädigenden Folgewirkungen wurde bereits unter der Vorgängerregierung initiiert und von der Bundesregierung fortgeführt. Hierzu gehören

  1. ein Projekt Designerdrogen-Sprechstunde, das an der Universität Rostock betreut wird und zum Ziel hat, Jugendlichen, Heranwachsenden und ihren Eltern und Erziehern ein fachlich fundiertes, medizinisches, beraterisches und therapeutisches Angebot außerhalb einer Klinik zu machen. Das Team der Sprechstunde ist multidisziplinär besetzt.

    Ein Zwischenbericht liegt vor, aus dem auf eine gute Akzeptanz des Sprechstundenangebots geschlossen werden kann. Das Projekt hat 1998 begonnen und wird im Jahr 2001 abgeschlossen werden.

  2. ein multidisziplinäres Forschungsprojekt "Zusammenhang zwischen Persönlichkeits- und Neurosenstrukturen von Ecstasykonsumenten und dem Auftreten psychiatrischer, neurologischer und internistischer Komplikationen und Folgewirkungen", das an der Universität Hamburg betreut wird. Das Projekt zeigt gesundheitliche Risiken im Zusammenhang mit dem Konsum von Ecstasy auf. Der Abschlußbericht wird in Kürze veröffentlicht und der Fachöffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

  3. eine Studie, die die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Rahmen der für die Entwicklung von Präventionsmaßnahmen und -strategien notwendigen wissenschaftlichen Grundlagen zur Beobachtung der "Variabilität und Stabilität des Ecstasykonsums in der Techno-Party-Szene" in Auftrag gegeben hat (Sozialpädagogisches Institut Berlin, SPI). Sobald die Auswertung der Daten abgeschlossen ist, wird die Studie im Jahr 2000 veröffentlicht.

 

Frage 13:

Hält die Bundesregierung angesichts der ihr vorliegenden Erkenntnisse zum Schädigungspotential von Ecstasy die Hinweise auf mögliche Langzeitschäden für das Gehirn in der Ecstasy-Broschüre der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung für ausreichend?

Antwort: Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat die Multiplikatorenbroschüre Ecstasy 1995 erstmalig erstellt; eine Aktualisierung und Überarbeitung erfolgte 1997. Hinweise auf gesundheitliche Gefahren und insbesondere mögliche Langzeitschäden wurden auf Basis der damals vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt. Die Broschüre wird – wie alle BZgA-Medien – bei Vorliegen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse aktualisiert und weiterentwickelt. Sobald z.B. die Ergebnisse aus der o.g. Untersuchung der Universität Hamburg vertieft ausgewertet sind, werden die getroffenen Äußerungen zum Schädigungspotential erneut überprüft und ggfs. neue Erkenntnisse eingearbeitet.

 

Frage 14:

Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß in der Ecstasy-Broschüre der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung nicht auf mögliche Wechselwirkungen mit Medikamenten hingewiesen wird?

Antwort: Unter der Überschrift "Substanzmischungen bergen zusätzliche Gefahren" wird in der Ecstasy-Broschüre vor jeglichem Mischkonsum deutlich gewarnt. Auf die Gefährlichkeit von Substanzmischungen (Kombinationen von Ecstasy mit Arzneimitteln) wird in der Broschüre ebenfalls ausdrücklich hingewiesen.

 

Frage 15:

Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß in dieser Broschüre nicht auf mögliche Gefahren des Konsums von Ecstasy während der Schwangerschaft hingewiesen wird?

Antwort: Drogengebrauch und nicht ärztlich verordneter Arzneimittelgebrauch stellen grundsätzlich ein Risiko für Schwangere und deren ungeborene Kinder dar. Darauf wird in der von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bundesweit zur Verfügung gestellten Multiplikatorenbroschüre "Mind Zone" wie folgt hingewiesen: "Schwangerschaften können durch Ecstasy – wie nahezu durch alle Drogen – negativ beeinflußt werden." Wenn darüber hinaus neue Erkenntnisse über ecstasyspezifische Risiken vorliegen, werden sie im Rahmen der Aktualisierung der vorhandenen Medien berücksichtigt.

 

Frage 16:

Warum hat die Drogenbeauftragte der Bundesregierung in ihrer gemeinsam mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und dem Hebammenverband am 2. November 1999 herausgegebenen Presseerklärung gegen Suchtmittelmißbrauch in Schwangerschaft und Wochenbett nicht auf mögliche Gefahren des Konsums von Ecstasy während der Schwangerschaft hingewiesen?

Antwort: Die Presseerklärung der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Frau Nickels, teilte den Inhalt eines Gesprächs mit der Vorsitzenden des Bundes Deutscher Hebammen mit, das auf deren Wunsch zum Thema Alkohol- und Nikotinprävention in Schwangerschaft und Wochenbett am 2.11.1999 stattfand. Hierzu wurde eine Kooperation des Verbandes mit der Bundeszentrale für

gesundheitliche Aufklärung vereinbart. Mit der Konzentration auf diese beiden Substanzen, deren Gefahren am weitesten verbreitet sind und häufig bagatellisiert werden, sollten die Risiken anderer Substanzen wie Ecstasy in keiner Weise verharmlost werden.

 

Frage 17:

Wie hat die Bundesregierung die bislang vorliegenden Erkenntnisse in ihre Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen zu Ecstasy einbezogen, und welche Maßnahmen erwägt die Bundesregierung, um potentielle Konsumenten angemessen über die möglichen Folgeschäden des Ecstasykonsums aufzuklären?

Antwort: Im Hinblick auf den Mitte der Neunziger Jahre angestiegenen Ecstasykonsum hatte die Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie Ende 1996 einen internationalen wissenschaftlichen Workshop mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Gesundheit durchgeführt. Thematisch umfaßte die Veranstaltung die Bereiche Epidemiologie, Toxizität, Prävention und Therapiemöglichkeiten (veröffentlicht im Sonderband Sucht 1997 "Ecstasy today and in the future"). Aufbauend auf diesen Workshop wurden weitere Fachtagungen und Projekte durchgeführt.

So hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 1997 mit einer bundesweiten interdisziplinären Fachtagung alle relevanten Forschungsarbeiten in Deutschland zusammengeführt und ausgewertet. Auf dieser Basis wurden mit den Drogenbeauftragten und Koordinatoren für Suchtprävention der Länder sowie Experten aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen gemeinsame Leitlinien für die Prävention des Ecstasykonsums formuliert. Diese Leitlinien und Ergebnisse der Studien wurden als Handreichung für Wissenschaft und Praxis im Band 5 des Fachheftes Forschung und Praxis der Gesundheitsförderung unter dem Titel "Prävention des Ecstasykonsums" zur Verfügung gestellt.

Die Evaluation des bundesweit beachteten Projektes "Mind Zone" wurde von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gefördert. Die Ergebnisse wurden aufbereitet und Multiplikatoren zur Verfügung gestellt.

Als Multiplikatorenbroschüren werden von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung die Broschüren "Ecstasy – eine Broschüre zur Suchtvorbeugung für Eltern und andere Bezugspersonen von Jugendlichen" sowie der Ecstasy-Ratgeber "Ecstasy – was tun? Was nun?" des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit bundesweit zur Verfügung gestellt.

Weiterführende Schulen wurden bundesweit mit Unterrichtsmaterialien für die Klassen 8 bis 13 versorgt. Das Medienpaket "XTC – und der andere Kick" beinhaltet ein Video, Kopiervorlagen, ein Filmbegleitheft und die Informationsbroschüre "Ecstasy".

Für das kommende Jahr plant die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit einer Gruppe von Experten aus Wissenschaft und Praxis ein Internetprojekt, bei dem Informationen, Beratung und Beispiele präventiver Aktivitäten bereitgestellt werden sollen.

 

Frage 18:

Hält die Bundesregierung die weitere wissenschaftliche Abklärung der möglichen Gesundheitsgefährdung durch Ecstasy sowie therapeutischer Interventionsmöglichkeiten für geboten, und welche Anstrengungen zur Förderung solcher Forschungstätigkeit hat die Bundesregierung unternommen?

Antwort: Die Berichte aus laufenden bzw. abgeschlossenen Projekten zu Ecstasy sind zunächst einmal auszuwerten und in die fachliche Diskussion einzugeben. Sollte sich herausstellen, daß Fragen offen geblieben sind oder sich neu bzw. anders stellen, wird die Bundesregierung sich des Themas wiederum annehmen. Im übrigen wird auf dieAntwort zu Frage 12 verwiesen.

 

Frage 19:

Befürwortet die Bundesregierung das sog. "Drug-Checking" bei Ecstasy, wobei mitgebrachtes Ecstasy vor Ort einem Schnelltest auf Inhaltsstoffe unterzogen wird?

Antwort: Beim sog. Drug-Checking werden die auf dem illegalen Markt kursierenden Drogen auf Wunsch der Konsumenten entgegengenommen und chemisch analysiert. Die Testverfahren reichen von aufwendigen Labortests bis zu Schnelltests vor Ort, so z.B. an Diskotheken, die lediglich ausgewählte Substanzgruppen etwa aufgrund von Farbreaktionen identifizieren können. Die bisher aus der Schweiz, Österreich, den Niederlanden und einzelnen deutschen Städten bekannt gewordenen Drug-Checking Verfahren haben das Ziel, giftige Beimischungen zu identifizieren und in einem Frühwarnsystem auf die Gefahren aufmerksam zu machen. Dies geschieht zum Teil in Drogenberatungsstellen, so daß die Adressaten auch für eine weitergehende Beratung ansprechbar sind.

Drug-Checking wirft jedoch ernste tatsächliche und rechtliche Fragen auf, die aus Sicht der Bundesregierung einer eingehenden Prüfung bedürfen.

So sprechen einerseits Anhaltspunkte dafür, daß Drug-Checking, dessen Ergebnisse Teil eines Monitoring Verfahrens werden, dazu beitragen kann, Ecstasykonsumenten zu erkennen und zu beraten, bessere Informationen über den illegalen Markt zu erlangen und Gesundheitsgefahren vorzubeugen. Die Bundesregierung sieht andererseits auch die Gefahr, daß ein negatives Testergebnis von den Jugendlichen als Aufmunterung zum Drogenkonsum mißverstanden werden könnte, wobei diese Gefahren möglicherweise durch intensive Schulung der Mitarbeiter und klare inhaltliche Vorgaben für die Beratungstätigkeit reduziert werden könnten.

Darüber hinaus bestehen Fragen hinsichtlich der Methode des Drug-Checking. Die Vor-Ort-Testverfahren mit hinweisendem Charakter auf Stoffgruppen werfen erhebliche Zweifel hinsichtlich der

Zuverlässigkeit über die Wirkstoffe in Ecstasy-Tabletten auf. Zuverlässige Untersuchungsmethoden bedürfen wesentlich komplexerer und technisch aufwendigerer Untersuchungsmethoden. Auch können Untersuchungsergebnisse zu einer untersuchten Tablette nicht verallgemeinert werden, da Tabletten trotz gleichen Logos unterschiedliche Konsistenzen aufweisen, so daß die Gefahr besteht, daß ein Untersuchungsergebnis bei den Konsumenten eine Scheinsicherheit entstehen läßt.

Des weiteren wirft Drug-Checking noch im einzelnen zu prüfende haftungsrechtliche und strafrecht- liche Fragen auf.

Die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) würdigt in ihrem jüngsten Jahresbericht 1999 die durch einzelne Drug-Checking-Projekte gebotene "Möglichkeit einer intensiveren Prävention, die sich an bestimmte Gruppen richtet".

 


Fussnoten:

    1. Krankenhausapotheken und öffentliche Apotheken sind im Rahmen ihrer Betriebserlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 1e BtMG von der Erlaubnispflicht ausgenommen, Betäubungsmittel zur Untersuchung und zur Weiterleitung an eine zur Untersuchung von Betäubungsmitteln berechtigte Stelle oder zur Vernichtung entgegenzunehmen. Vor Ort Untersuchungen von Betäubungsmittel durch Apotheker sind nicht ausdrücklich im BtMG geregelt. Wenn aber am Rande von Festveranstaltungen oder drogenpolitischen Veranstaltungen Apotheker in einem besonderen Drogenmobil Betäubungsmittel zu Untersuchungszwecken entgegennehmen, zur Drogenuntersuchung weiterleiten oder Untersuchungen selbst vornehmen, dürfte nach Auffassung von Oberstaatsanwalt Dr. Harald H. Körner § 4 Abs. 1 Nr. 1 e BtMG ebenfalls Gültigkeit haben.

      Das juristische Vorgehen gegen Mitarbeiter des Vereins Eve & Rave mit dem Ziel das praktizierte Drug-Checking-Modell zu unterbinden, fand mit dem Beschluß des Landgerichts Berlin vom 1. März 1999 sein endgültiges Aus. Das Landgericht bestätigte die Ablehnung der Eröffnung eines Hauptverfahrens aus rechtlichen Gründen durch das Amtsgericht Tiergarten vom 2. Juni 1998. So bestätigte das Landgericht, daß die angeschuldigten Mitglieder des Vereins Eve & Rave e.V. Berlin im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Durchführung des Drug-Checking-Programms nicht gegen geltendes Recht verstoßen haben. Eve & Rave e.V. Berlin konnte nach diesen Gerichtsbeschlüssen in Deutschland das Drug-Checking-Programm nur deshalb nicht wieder durchführen, weil das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte dem Gerichtsmedizinischen Institut die Erlaubnis der Entgegennahme von Proben zur Untersuchung außer von Behörden und von der Polizei entzog.


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