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Drug-Checking in den Niederlanden

Ergebnisse einer Informationsreise von Eve & Rave


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Interview mit dem Forschungsleiter des N.I.A.D. (Nederlands Instituut voor Alcohol en Drugs), Erik Fromberg, in Amsterdam am 16. März 1995.

Eve & Rave e.V. Berlin / Helmut Ahrens / Berlin 1995
N.I.A.D. / D.I.M.S. – Project
(Nederlands Instituut voor Alcohol en Drugs)
Antwoordnummer 4055, NL-3500 VB Utrecht

 

Interview mit Dr. Eric Fromberg (N.I.A.D./D.I.M.S.-Projekt).

Dr. Eric Fromberg ist Forschungsleiter von N.I.A.D., dem Niederländischen Institut für Alkohol und Drogen in Utrecht. Das Interview für EVE & RAVE führte Helmut Ahrens, Soziologe und Drogenforscher der Berliner EVE & RAVE FACTORY am 16. März 1995 in Amsterdam.

Herr Fromberg, Sie untersuchen die Tabletten, die in der House- und Partyszene sowie unter Usern außerhalb dieser Szene als Ecstasy konsumiert werden. Warum?

Ja, wir machen eine große Untersuchung über die Zusammensetzung der Substanzen, die als Ecstasy verkauft werden. Wir haben bereits 1987 angefangen, diese Untersuchungen zu machen, aber damals waren es nur wenige Tabletten, die wir analysiert haben. 1991 haben wir beim Gesundheitsministerium angefragt, eine größere Untersuchung zu machen. Dann haben wir eine Subvention bekommen, um systematisch den Ecstasymarkt zu untersuchen.

Wie hoch ist der Etat, der dafür zur Verfügung steht?

Wir haben seit 1992 ein Etat von 200.000 Gulden pro Jahr. 100.000 Gulden sind für die Laboruntersuchungen und 100.000 Gulden für die Leute, die da täglich dran arbeiten. Das ist natürlich ein sehr kleiner Etat.

Wie ist die Untersuchung angelegt und was ist das Ziel?

Wir machen die Untersuchungen auf zwei Ebenen. Die erste Ebene ist, daß wir die Pillen, die wir bekommen, ins Labor schicken und untersuchen lassen. Aber das ist keine repräsentative Selektion, weil wir nur die unbekannten Pillen, die wir von früheren Untersuchungen noch nicht kennen, untersuchen. Das ist eine sehr selektive Auswahl.

Daneben haben wir die Pillen, die wir bereits früher bekommen haben, für die wir einen Code zusammengestellt haben. Da wird z.B. das Gewicht, die Farbe, die Form, die Konzentration der MDMA-Wirksubstanz etc. verschlüsselt. Die Ergebnisse der früheren Laboruntersuchung beschreiben so die Pille und die Resultate werden in einer Liste dokumentiert.

Kommt jetzt eine gleich aussehende Pille bei uns herein, vergleichen wir sie mit unserem Code. Dann machen wir noch einen Schnelltest. Das heißt, wir kratzen nur ein wenig von der Pille ab, träufeln eine Flüssigkeit darauf, und wenn die Flüssigkeit sich Blau färbt, dann wissen wir, das ist MDMA (oder ein ähnliches Amphetaminderivat) oder wenn die Pille sich Orange färbt, dann wissen wir, daß die Pille eine Amphetaminpille ist. Bei anderen Reaktionen untersuchen wir die Pille in unserem Labor und finden heraus, was drin ist. Der Reaktionstest (Schnelltest) gibt uns 95% bis 97% Sicherheit über die Festlegung der Qualität der Pille.

Ist das der Qualitätstest, der auf den Raves angeboten wird?

Ja, aber nur auf großen Raves. Wir arbeiten z.B. mit dem Adviesburo Drugs von August de Loor in Amsterdam zusammen, der die Safe House Campagne entwickelt hat und einen Direktservice für die Leute auf den Raves anbietet, die wissen wollen, was sie konsumieren und welche Risiken sie dabei eingehen. So können wir in der Feldforschung einen professionell organisierten Gesundheitsservice vor Ort anbieten und zugleich ein überregionales Monitoring-System über Entwicklungen auf dem Ecstasymarkt etablieren. Der Service kostet pro Labortest 25 Gulden, der Schnelltest 2˝ Gulden. Das Jellinek Institut kann den Test auch umsonst durchführen, aber man muß 3 bis 7 Tage warten, bis man ein Ergebnis aus dem Labor bekommt.

Der Vorteil beim Grobtest (Schnelltest) ist für die Konsumenten, daß, wenn die Pille gut ist, sie diese noch benutzen können. Diese Sammlung der Ergebnisse vor Ort auf den großen Raves ist natürlich viel repräsentativer, als die selektive Auswahl der Pillen, die in die Labors geschickt werden, die ja nur die unbekannten Pillen umfassen. Wir untersuchen 4000 bis 5000 Tabletten pro Halbjahr, auf denen unsere Aussagen basieren.

Wird bei der Durchführung von Tests für Konsumenten Anonymität gewährleistet?

Selbstverständlich, wir wollen nicht die Drogenkonsumenten kontrollieren, sondern die gesundheitlichen Risiken, die unter Umständen durch eine schlechte Qualität der Pillen entstehen. Wir wissen nicht, ob wir einen Konsumenten oder einen Dealer vor uns haben. Anonymität und Diskretion ist sehr wichtig für das Vertrauen. Vertrauen ist wichtig, damit das Präventionssystem arbeitet (funktioniert) und die Mitarbeiter effektiv arbeiten können.

Wie ist der Zusammenhang zwischen Monitoring-System und Prävention in den Ecstasy-Szenen?

Damit wollen wir einen Überblick (monitoring) über den MDMA- und Amphetaminmarkt bekommen, damit wir zum frühest möglichen Zeitpunkt informieren können, wenn gefährliche Stoffe auf dem Markt sind.

So können wir präventiv arbeiten, weil unsere Aussagen sowohl auf den Laborergebnissen als auch auf den Ergebnissen vor Ort basieren. In Holland finden jedes Wochenende mindestens zwei große Raves statt, wo wir unseren "health-service" für die Veranstalter und die Konsumenten unter den RaverInnen anbieten.

Sie müssen doch sicher mit der Polizei zusammenarbeiten? In Deutschland würde sich einer strafbar machen, wenn er die Pille, die getestet wird, an den Konsumenten zurückgibt!

Wir stimmen diese Präventionsarbeit mit dem Justizministerium ab, aber die niederländische Drogenpolitik unterscheidet zwischen weichen und harten Drogen. Cannabis und Ecstasy (MDMA) werden bei uns als weiche Drogen eingeordnet. Dagegen sind z.B. die Amphetamine, die nicht MDMA sind, LSD, Kokain und Heroin bei uns harte Drogen.

Welches sind die Hauptsubstanzen, die bisher auf dem Ecstasymarkt gefunden bzw. untersucht wurden?

Die verbreitetsten Substanzen sind MDMA (3,4-Methylen-Dioxy-N-Methyl-Amphetamin), das richtige Ecstasy, und MDEA (3,4-Methylen-Dioxy-N-Ethyl.Amphetamin). MDMA wirkt zum Teil wie Amphetamin, aber viel schwächer. Wenn man z.B. 100 mg von MDMA und die stimulierende Wirkung davon vergleicht mit 100 mg Amphetamin, dann ist der Unterschied, daß Amphetamin um das 10fache bis 20fache stärker wirkt. Der wirklich wichtige Effekt von MDMA ist der sogenannte entaktogene Effekt, der macht, daß man, wie soll ich sagen, die anderen Leute liebt, mit denen man eine Party feiert oder was auch immer die Ecstasy-User zusammen tun.

Das soll nicht heißen, daß MDMA ein Aphrodisiakum (den Geschlechtstrieb anregendes Mittel) ist. Es ist nicht die sexuelle Liebe, es ist die Empathie (Bereitschaft und Fähigkeit, sich in die Einstellung anderer Menschen einzufühlen), die man für andere Leute, die man zunächst gar nicht kennt,

empfindet. Das ist wohl neben der Begeisterung für Tanzen und Musik ein Geheimnis des Erfolges der friedlichen und ausgelassenen Stimmungen auf diesen Raverparties.

Und die andere Substanz?

Ja, die zweite Substanz, MDEA, da ist nur eine kleine chemische Änderung zu MDMA durch das Methylamphetamin und das Ethylamphetamin gegeben. Das sind ein Kohlenstoffatom und zwei Wasserstoffatome, die chemisch den Unterschied ausmachen. Von der Wirkung hat MDEA eine leichtere stimulierende Wirkung, so daß viele eine höhere Dosis nehmen, um den gleichen Effekt wie bei dem MDMA zu haben. Es fehlt aber ein wenig das Magische, das MDMA hat; das heißt der entaktogene Effekt ist schwächer und die amphetamine Wirkung ist stärker.

Den dritten Stoff, den wir häufig finden, ist Amphetamin. Das gibt es in Holland viel in Pillenform. Amphetamin kennen wir alle, das ist nur stimulierend.

Den vierten Stoff, den wir finden, das ist MDA (3,4-Methylen-Dioxy-Amphetamin). Das ist eine "Muttersubstanz" von MDMA, hat aber einen leicht halluzinogenen Effekt (Wahrnehmungserlebnis, ohne daß der wahrgenommene Gegenstand in der 'Wirklichkeit' existiert).

Dann finden wir in geringen Mengen, höchstens 5%, Pillen, die die jungen Leute aus den Medizinschränken ihrer Eltern nehmen, um schnell etwas Geld zu machen. Da kann man alles finden: Aspirin, aber auch gefährlichere Substanzen wie Ketamin, etc.

Gibt es Verunreinigungen der Substanzen? Manche User erzählen, es sei Rattengift, Strychnin, etc. in den Ecstasypillen, von denen sie akut krank oder elend geworden sind?

Ich denke, das gehört zur Mythologie unter den Drogenbenutzern. Wir haben das nie gefunden.

Wir finden Pillen, die mehr als einen Wirkstoff enthalten, z.B. MDMA und Coffein und auch reine Coffeinpillen, aber das ist doch ein sehr geringer Prozentsatz in unseren repräsentativen Untersuchungen. LSD und Strychnin haben wir in Holland nie gefunden. (Hier scheint das Gedächtnis von Dr. Erik Fromberg eine Lücke zu haben, da im Mai 1991 ein Flyer von der N.I.A.D. mit einem Text von August de Loor in Umlauf gebracht wurde, der vor LSD warnt, das in Pillen gefunden wurde, die als Ecstasy verkauft worden waren.)

Ich verstehe auch nicht, warum man das machen sollte. Auch die Produzenten sind nicht verrückt. Macht man Pillen, die Unfälle verursachen, dann macht man die Polizei aufmerksam und die wird dann aktiv.

Was ist denn zusammenfassend der Effekt dieses Servicesystems?

Ja, das ist eine prophylaktische Information mit Servicedienstleistungen und gesundheitlicher Risikoaufklärung für den Gebraucher. Es ist ein Präventiveffekt, wenn wir die Leute mit Flyern aufmerksam machen, daß gefährliche Pillen auf dem Markt sind. Zum Beispiel haben wir vor einem Jahr DOB (2,5-Dimethoxy-4-Bromoamphetamin) gefunden. Das ist ein sehr starkes Halluzinogen, vergleichbar mit LSD, aber mit einer Wirkungsdauer von 18, manchmal auch 25 bis 30 Stunden, und das ist etwas ganz anderes. Richtig gesprochen ist DOB nicht gefährlich, aber wenn man nicht weiß, daß es DOB ist, dann kann man ganz schön verrückt werden.

Ich glaube, man sollte DOB nicht auf Raves nehmen. So haben wir mehrere Tausend Flyer gemacht und auf den Raves verteilt. Die Polizei hat daran z.B. aktiv teilgenommen, das heißt, sie hat die Flyer auch verteilt. Der wichtige Gedanke unserer Drogenpolitik ist, die Leute vor den wirklichen Gefahren zu schützen.

Sekundäre Prävention ist wichtiger als primäre Prävention.

Das ist exakt die umgekehrte Wertung, als dies bei uns in Deutschland der Fall ist: bei uns sagt man, daß die primäre Prävention, wie wir sie aus der Präventionskampagne "Keine Macht den Drogen" kennen, oder auch die Einhaltung des Drogenverbotes, wichtiger sind als die sekundäre Prävention.

Ja, wir denken, daß man diese Hierarchie so nicht machen sollte. Man soll diejenigen schützen, die heute Drogen nehmen.

Nun gibt es ja doch auch Hinweise auf Probleme, die einzelne Ecstasy-User haben. Wie sind diese Probleme einzuschätzen?

Ja, im Allgemeinen gibt es drei Arten von Problemen. Das erste ist, daß manche Ecstasy-User – vor allem die, die noch nicht viel Erfahrung haben – überwältigt sind von der Ecstasy-Wirkung. Wenn sie dann auf den Parties lange tanzen, dann sind sie sehr erschöpft und deshalb brauchen wir die Chill-Out-Ecken. Wir sagen, daß einer nie alleine Ecstasy nehmen soll, sondern nur im Beisein von Freunden und es sollte möglichst eine Person kein Ecstasy nehmen.

Das zweite Problem, das zwar selten passiert, das ist der Hitzestroke (Hitzschlag) und die maligne Hypertonie (bösartige gesteigerte Muskelspannung), eine lebensbedrohliche Situation. Das ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, daß alle Amphetamine einen Einfluß auf das Zentrum im Gehirn haben, in dem die Körpertemperatur reguliert wird.

Man wird etwas weniger sensitiv beim Gebrauch amphetaminhaltiger Substanzen, und wenn man dann viele Stunden tanzt und selbst viel Hitze in einer oft tropischen Atmosphäre produziert, dann kann es vorkommen, daß das Temperaturregulierzentrum so gestört wird, daß die Körpertemperatur bis zu 43 Grad (Celsius) steigt. Das ist natürlich lebensbedrohlich und deshalb sagen wir den Diskothekenbetreibern, daß sie für Luftaustausch sorgen müssen und für wohltemperierte Räume.

Den Ecstasy- und Amphetamin-Usern sagen wir, daß sie zwischendurch beim Tanzen eine Pause machen sollen, damit sich der Körper nicht überhitzt. Es muß auch für ausreichend Wasser auf den Raves gesorgt werden. In den Niederlanden kann man in den House-Clubs an der Bar umsonst Wasser bekommen und die Kellner müssen dafür sorgen, daß jeder sein Wasser sofort bekommt, das heißt, man darf nicht in einer Schlange warten müssen.

Das dritte Problem, das in den Niederlanden beschrieben worden ist, das sind Leute, die eine akute Lebererkrankung bekommen haben. Die Fälle, die wir genau gesehen haben, zeigten bei der chemischen Analyse des Blutes der Opfer immer, daß auch andere Stoffe außer reinem MDMA genommen wurden. Meistens wurde zuviel Amphetamin zusätzlich genommen. Was nicht klar ist, wie hoch der Anteil der jeweiligen negativen Wirkung der einzelnen Substanzen auf die Leberfunktion ist.

Es handelt sich wahrscheinlich um eine Art individuelle Allergie gegen das Produkt, aber sicher handelt es sich nicht um eine Gefahr, die allgemein gegeben ist, sonst hätten wir schon Tausende von Fällen mit diesen Symptomen haben müssen. Man sollte das aber unbedingt wissen, und wer Leberprobleme hat oder andere organische Schäden oder auf einer anderen Ebene schwere psychische Störungen, der sollte sehr aufpassen mit diesen Drogen.

Es gibt auch Leute, die durch Penicillin in lebensbedrohliche Situationen kommen. Das passiert sehr selten, aber im Behandlungsfall fragt der Arzt immer, ob so eine Allergie gegeben ist.

Das sind die drei großen Risikosituationen, und wir hoffen, jetzt eine große Untersuchung mit den drei großen Krankenhäusern in den Niederlanden machen zu können, um all diese Fälle weiter studieren zu können und eine gute toxikologische Untersuchung zu machen. Dabei werden natürlich auch die Set- und Setting-Daten gesammelt.

Das Problem ist, daß die meisten Leute nur sagen, daß sie Ecstasy genommen haben, aber wir wissen genau, daß das noch nicht sagt, daß es wirklich MDMA gewesen ist. Toxikologische Untersuchungen, die man in einem Krankenhaus macht, das nicht darauf spezialisiert ist, ergeben kein sehr sicheres Ergebnis, obwohl oft der Eindruck erweckt wird, daß es sich um sichere Ergebnisse handelt. Aber die wissenschaftlich arbeitenden Toxikologen sagen, daß wir das noch nicht wissen und so werden wir diese Fragen jetzt in einer zweijährigen Studie erforschen.

In Deutschland hat die Presse über Ecstasytote berichtet. Muß man vermuten, daß das eine journalistische 'Halbwahrheit' ist, aber keine wissenschaftlich haltbare Wahrheit?

Ich glaube, Journalisten müssen eine Nachricht verkaufen. Wir wissen, daß der Hitzschlag etwas ist, der passieren kann, wenn die Safer-Use-Regeln nicht beachtet werden.

Über Todesfälle, bei denen außer Ecstasykosum der Konsum jeglicher anderer Drogen, Überdosierungen, organische Vorschäden, Allergien im Einzelfall, etc., ausgeschlossen werden konnten, liegen uns keine wissenschaftliche Erkenntnisse vor. So müssen wir beim Lesen dieser Nachrichten zwei Arten von Mythologien in Betracht ziehen: Legenden, die die betroffenen Konsumenten, insofern sie die lebensbedrohliche Situation überlebt haben, oftmals selbst bilden, und die Mythen und Ängste, die die allgemeine Öffentlichkeit über Drogen hören will.

Was kann man denn – unabhängig davon, was jetzt wissenschaftlich Ursache und Wirkung für Todesfälle in Einzelfällen ist – vorbeugend machen?

Wir informieren prinzipiell regelmäßig die Konsumenten über die Sicherheitsregeln. Zum Beispiel liegt der Ecstasy-Pille, die jemand beim Dealer kauft, oft ein Gebrauchszettel bei. Die Beratungsstellen für Drogen verteilen Faltblätter und Broschüren unter den Konsumenten; und was sehr wichtig ist, daß auf Raves und in Party- und Tanzclubs darauf geachtet wird, daß die Temperatur nicht zu niedrig und nicht zu hoch ist. In den Niederlanden gibt es jetzt eine nationale Kommission, die die Einrichtungsstandards nach gesundheitlichen Verträglichkeitskriterien ausarbeitet. Das ist sehr wichtig. Die Clubbesitzer haben kein Interesse, daß in ihrem Club Unfälle passieren, und so gibt es mit den meisten Clubs eine gute Zusammenarbeit.

Aber das ist doch oft eine Geldfrage. Kleine Clubs können sich doch keine Klimaanlage leisten!

Ja, das sagen manche, aber das erste ist, wenn ein Houseclub aufmacht, daß der Luftaustausch und die Temperaturregulierung von unseren Drug-Health-Service-Mitarbeitern geprüft wird. Dort kann man dann darüber reden, und jedem Clubbesitzer ist klar, daß wenn es nicht zu heiß wird, gibt es weniger Probleme. Probleme haben weniger zu tun mit einer höheren und niedrigeren Dosis MDMA, sondern mit den Umständen, in denen die Droge konsumiert wird.

So ist unser zweiter Schritt von Risikoreduktion die Einflußnahme auf die Umstände von Parties, Tanz und Drogenkonsum, das heißt auf das Setting von Drogenkonsum. Wir geben immer Tips wie:

  • nicht zu lange durchtanzen
  • zwischendurch etwas Kaltes trinken
  • fünf bis zehn Minuten abzukühlen, also Pause machen

Wichtig ist, daß die Organisatoren von Raves, den Leuten entgegenkommen, z.B. daß jemand, der es benötigt, schnell etwas Kaltes zu trinken bekommt und nicht eine viertel oder halbe Stunde an der Bar warten muß oder eben auch, daß die Durchlüftung gut ist, damit die Temperatur nicht zu hoch werden kann.

In Deutschland habe ich von Fällen gehört, in denen Raver von Hörschäden durch zu laute Musik berichtet haben. Gibt es in Holland Grenzwertrichtlinien?

Ja, aber das ist eine Aufgabe der nationalen Kommission sowie der Ingenieure und Techniker, die das messen können. Darauf müssen die Organisatoren natürlich achten.

Wie sieht es denn mit Ruheecken aus, gibt es die ausreichend?

Ja, man sollte mehrere Chill-Out-Ecken zum sitzen oder auch zum liegen haben und auch einen Chill-Out-Room, wo man etwas (alkoholfreies) Kaltes trinken kann und auch einen kleinen Imbiß nehmen, wo es Obst, Säfte und Tee gibt, wo die Musik leiser ist, etc.

Das ist in Holland von den Organisatoren der Raves im Allgemeinen gut geregelt, weil wir schon lange zusammenarbeiten.

Das sind alles Standards, die jetzt die niederländische Regierung mit einer Anzahl von Regeln ausarbeitet, die man benutzen soll, wenn eine Stadt die Genehmigung für eine große Raveveranstaltung vergibt. Das ist eine gute prophylaktische Maßnahme, wenn mehrere Tausend Leute zusammenkommen. In den kleinen Clubs, wo vielleicht hundert Leute eine Party feiern, ist das einfacher zu regeln. Man kann einfach eine Tür aufmachen – die Organisatoren von kleinen House-Parties sollten aber die Regeln für ihre Umstände kennen.

Raver haben unsere Club-Team-Mitarbeiter gefragt, ob sie ihre Pillen in Holland testen lassen können, weil sie bei uns (EVE & RAVE) DM 70.-- für die Durchführung eines Tests zahlen müssen (Selbstkostenpreis) und wir die Pillen aus rechtlichen Gründen auch nicht zurückgeben können. Ist das möglich?

Ich wünschte, daß das möglich wird. Natürlich ist das möglich zu machen, aber es ist davon abhängig, ob wir auch diese Pillen analysieren können. Am Anfang sollten wir nie nur Teile der Tablette analysieren (wegen der quantitativen Analyse). Es sollte immer die ganze Tablette sein, weil unser System so arbeitet. Wenn man einen Scheck von DM 75.-- beilegt, dann ist das kein Problem für uns, aber unser Geld reicht kaum für die Durchführung der Tests in unserem eigenen Lande.

Muß nicht auch mit rechtlichen oder drogenpolitischen Schwierigkeiten gerechnet werden? Die meisten Raver, die uns fragen, denken, daß man ja jetzt in Europa reisen und überall arbeiten kann und somit auch alle Dienste und Serviceleistungen in europäischen Nachbarländern in Anspruch nehmen kann!

Die holländische Regierung wird diesbezüglich sicher keine Probleme machen, weil sie unser Programm unterstützt, aber ich weiß gar nicht, was die deutsche Regierung und das deutsche Postamt dazu sagt!

Eric Fromberg, ich danke für das Gespräch!

Das Interview führte Helmut Ahrens für »Eve & Rave«


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