Hanfparade in Berlin
 
Kundgebung gegen die Arroganz der Macht
 


Redaktion Webteam www.eve-rave.net Berlin
Pressemitteilung vom 23. August 2007 zur Hanfparade

Am kommenden Samstag findet die elfte Ausgabe der Hanfparade statt, die in diesem Jahr um 13:00 Uhr am Berliner Fernsehturm starten wird. Unter dem Motto »Gib mir 5
Gegen Gift im Gras« fordert die Hanfparade die Aufhebung des Verbots von Hanfsamen und die Legalisierung des Eigenanbaus von mindestens fünf Cannabispflanzen. Die Teilnehmer sehen im heimischen Anbau von Cannabis ein Mittel, die Konsumenten vom Schwarzmarkt unabhängig zu machen. Marihuana aus illegalen Großplantagen ist immer öfter mit gesundheitsgefährdenden Streckmitteln verunreinigt. Die Cannabis-Kriminalisierung verhindert Verbraucherschutz.

Die Hanfparade ist die größte deutsche Veranstaltung für die Freigabe von Hanf als Rohstoff, Medizin und Genußmittel. Nach der Auftaktkundgebung zu Füßen des Fernsehturms wird die Hanfparade zum Axel-Springer-Haus in der Rudi-Dutschke-Straße ziehen. Dort wird die oft einseitige Berichterstattung der Medien ein Hauptthema von Redebeiträgen sein. Nach Meinung der Veranstalter ist der Blickwinkel, unter dem gerade die Springerpresse die vier Millionen deutschen Cannabiskonsumenten sieht, zu stark auf die Probleme jugendlicher Extremnutzer fokussiert. Die Hanfparade fordert einen ehrlicheren Umgang mit der am häufigsten genutzten illegalisierten Droge.


Druckerfreundliche Version (PDF-Format, 159 KB, 7 Seiten):
http://www.eve-rave.net/abfahrer/presse/presse07-08-23.pdf




Repression mindert nicht den Cannabiskonsum

Die Notwendigkeit, problematischen Drogenkonsum unter Jugendlichen zu verhindern, wird oft als Argument für ein generelles Cannabisverbot bemüht, obwohl bundesweit ca. 85% der Konsumenten von Cannabis laut offiziellen Erhebungen Erwachsene sind. Dabei beschützt eine betont repressive Cannabis-Politik keineswegs Minderjährige vor Drogen. Das zeigt die Studie »Jugendliche in Deutschland zur Jahrtausendwende: Gefährlich oder gefährdet?« des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN). Im Jahre 2000 befragten die Wissenschaftler in mehreren Großstädten in Deutschland sowie im Landkreis Friesland (zwischen Bremen und der niederländischen Grenze) in einer Repräsentativumfrage Schüler der 9. Jahrgangsstufe zu Gewalt, Straftaten und Schuleschwänzen sowie zu ihrem Konsum von legalen und illegalisierten Drogen.
 
Spitzenreiter beim Cannabiskonsum unter deutschen Jugendlichen waren dabei die Münchner Schüler, obwohl doch Bayern für seine repressive Cannabispolitik wohlbekannt ist. 14,8% der einheimisch-deutschen Jugendlichen der Hauptstadt des Freistaats Bayern hatten monatlich oder häufiger Cannabis konsumiert, mehr als in Hamburg (14,4%), Hannover (10,2%), in Friesland (9,1%) oder in Leipzig (8,1%). Nicht nur bei Cannabis sondern auch bei Alkohol liegt München vorne. Mit 10,4% konsumierten rund doppelt soviele Münchner Schüler wöchentlich oder gar täglich Alkohol als in den anderen Städten (Friesland: 6,0%, Leipzig: 5,2%, Hamburg: 5,1%, Hannover: 4,7%). Bei Tabak lag München mit 35,3% nach Leipzig (37,4% und Friesland (37,0%) auf Platz 3 vor Hamburg (30,9%) und Hannover (27,8%). In der untenstehenden Tabelle sind die Daten übersichtlich zusammengestellt.

Konsum von Cannabis, Tabak und Alkohol
bei Schülern der 9. Klasse (Datenerhebung 2000, publiziert 2002)
Stadt / Gegend
Cannabis
mindestens
einmal pro Monat
Alkohol
mindestens
einmal pro Woche
Tabak
regelmäßiger
Tabakkonsum
München
14,8 %
10,4 %
35,3 %
Hamburg
14,4 %
5,1 %
30,9 %
Hannover
10,2 %
4,7 %
27,8 %
Landkreis Friesland 9,1 %
6,0 %
37,0 %
Leipzig
8,1 %
5,2 %
37,4 %
 
Datenquelle: Nicola Wilmers, Dirk Enzmann, Dagmar Schaefer, Karin Herbers, Werner Greve, Peter Wetzels: Jugendliche in Deutschland zur Jahrtausendwende: Gefährlich oder gefährdet? (Interdisziplinäre Beiträge zur Kriminologischen Forschung, Bd. 23), Baden-Baden 2002; Vergl. hierzu: Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN): Jugendliche in Deutschland zur Jahrtausendwende: Gefährlich oder gefährdet?
http://www.cannabislegal.de/studien/kfn.htm


Die Ergebnisse der KFN-Studie decken sich mit diversen anderen Untersuchungen. Eine Studie der Schweizer Fachstelle für Alkohol- und andere Suchtfragen (SFA) fand im Februar 2001, daß Cannabiskonsum unter Männern in der stärker repressiven Westschweiz weiter verbreitet ist als in der toleranteren Deutschschweiz oder im Südosten des Landes. Eine Studie im Dreiländereck zu Belgien und den Niederlanden in der Euregio um Aachen stellte fest, daß mehr deutsche als niederländische Schüler Cannabis konsumierten. Und die »Europäische Schülerstudie zu Alkohol und anderen Drogen (ESPAD): Befragung von Schülerinnen und Schülern der 9. und 10. Klasse in Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen« stellte fest, daß im extrem repressiven Bayern mehr Schüler 20mal oder häufiger pro Monat Cannabis konsumieren als in diversen anderen Bundesländern wie dem einst liberalen Hessen.

Insgesamt berichtet fast jeder siebte Befragte (14,8%) in den letzten 30 Tagen vor der Befragung (aktueller Drogenkonsum) irgendeine illegale Droge genommen zu haben. Erwartungsgemäß wird aktueller Drogenkonsum von mehr Schülern (17,6%) als Schülerinnen (12,1%) berichtet. Schulbezogene Unterschiede sind hier kaum zu beobachten. Insgesamt liegt der aktuelle Drogenkonsum zwischen 13,6% bei den Gymnasiasten und 16,8% bei den Hauptschülern. Der Anteil von Schülerinnen und Schülern mit einem aktuellen Drogenkonsum liegt viermal niedriger (3,4%), wenn man Cannabis aus der Gruppe aller erfaßten illegalen Drogen ausschließt, wobei auch hier der die Konsumprävalenz illegalisierter Substanzen für Mädchen und Jungen gleich hoch ausfällt. Im Vergleich zu anderen Substanzen erwies sich Cannabis als die am häufigsten probierte Droge in den letzten 30 Tagen. Während der Anteil aktueller Cannabiskonsumenten 13,5% beträgt, liegt der Anteil der Konsumenten anderer illegalisierter Drogen außer Cannabis wie Amphetamine, Ecstasy, LSD, Kokain, Crack oder Heroin unter 2%. Fast jeder zwölfte der Schülerinnen und Schüler hat in den letzten 30 Tagen bis zu 5mal Cannabis probiert. Weiterhin berichten 2,6% von einem häufigeren Konsum (6 bis 19mal) und mit 2,2% geben nur wenige an, Cannabis 20mal oder öfter genommen zu haben. In der folgenden Tabelle sind die Daten in der Übersicht zusammengestellt.

Konsum von Cannabis und anderen illegalisierten Drogen
innerhalb der letzten 30 Tage bei Schülern der 9. und 10. Klasse (Datenerhebung 2003)
Bundesland
Anzahl der
befragten
Schüler

Insgesamt
illegalisierte
Drogen
Cannabis
Illegalisierte
Drogen ohne
Cannabis
Cannabis
20mal oder
häufiger
Bayern
1.911
14,3 %
13,2 %
3,1 %
2,6 %
Berlin
1.719
18,2 %
17,5 %
2,9 %
3,0 %
Brandenburg
1.765
13,8 %
12,2 %
3,8 %
1,7 %
Hessen
1.928
15,0 %
13,9 %
2,9 %
2,0 %
Mecklenburg-Vorpommern
1.865
14,3 %
12,3 %
5,7 %
1,6 %
Thürigen
1.855
13,8 %
12,5 %
3,3 %
1,5 %
Insgesamt
11.043
14,8 %
13,5 %
3,4 %
2,2 %
 
Datenquelle: Die Europäische Schülerstudie zu Alkohol und anderen Drogen (ESPAD): Befragung von Schülerinnen und Schülern der 9. und 10. Klasse in Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen; München 2004, IFT-Berichte Bd. 141
http://www.bmg.bund.de/cln_040/nn_603380/SharedDocs/Publikationen/Forschungsberichte/f310,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/f310.pdf


Beim Cannabiskonsum liegen die Schüler Bayerns im Mittelfeld, beim intensiven Konsum auf Rang zwei nach Berlin, beim intensiven Alkoholkonsum wie auch bei den Alkoholräuschen belegen die bayerischen Schüler jedoch ganz eindeutig den Spitzenplatz. Die Daten sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.

Konsum von Alkohol und Alkoholrauscherlebnisse
innerhalb der letzten 30 Tage bei Schülern der 9. und 10. Klasse
(Datenerhebung 2003)
Bundesland
Anzahl der
befragten
Schüler

Mindestens
einmal Alkohol
konsumiert
Mindestens
20mal Alkohol
konsumiert
Mindestens ein
Alkoholrausch
erlebt
Mindestens sechs
Alkoholräusche
erlebt
Bayern
1.911
86,7 %
5,0 %
40,8 %
4,5 %
Berlin
1.719
74,4 %
2,6 %
32,7 %
2,8 %
Brandenburg
1.765
83,8 %
4,2 %
32,8 %
1,7 %
Hessen
1.928
82,2 %
3,8 %
39,4 %
3,6 %
Mecklenburg-Vorpommern
1.865
86,7 %
2,3 %
35,6 %
2,1 %
Thürigen
1.855
87,6 %
4,5 %
38,0 %
2,0 %
Insgesamt
11.043
84,2 %
4,1 %
37,9 %
3,3 %
 
Datenquelle: Die Europäische Schülerstudie zu Alkohol und anderen Drogen (ESPAD): Befragung von Schülerinnen und Schülern der 9. und 10. Klasse in Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen; München 2004, IFT-Berichte Bd. 141
http://www.bmg.bund.de/cln_040/nn_603380/SharedDocs/Publikationen/Forschungsberichte/f310,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/f310.pdf


Die Tatsache, daß eine intensivere Repression den Konsum von Cannabis kaum oder gar nicht beeinflußt, stellte der Schweizer Bundesrat (Regierung) in einer Botschaft am 15. September 2006 fest. Darin heißt es:

»Die Prävalenz des Cannabiskonsums steht gemäß internationaler Erfahrung in keinem direkten Zusammenhang mit der Bestrafung oder der Strafbefreiung des Konsums. Es läßt sich nicht nachweisen, daß Staaten mit einer eher restriktiven Cannabispolitik tiefere Konsumentenzahlen ausweisen als Staaten mit einer weniger restriktiven Cannabispolitik.

Als Beispiel einer weniger restriktiven Politik können die Niederlande angeführt werden. Das in den Niederlanden seit Ende 1976 bestehende Coffee-Shop-Modell ist ansatzweise mit den Regelungen, wie sie von den Initianten vorgeschlagene werden, vergleichbar. Erklärtes Ziel der niederländischen Coffee-Shop-Politik ist die Trennung der Märkte von harten und weichen Drogen, womit die Umsteigegefahr bei Cannabiskonsumierenden verringert werden soll. Die aus den Niederlanden erhältlichen Daten weisen darauf hin, daß sich nach einer teilweise starken Zunahme des Cannabiskonsums Ende des letzten Jahrhunderts (von 15% im Jahre 1992 auf 19% im Jahre 2003) die Zahlen stabilisert bzw. abgenommen haben. In Frankreich, das eine eher her restriktive Drogenpolitik verfolgt, konnte ebenfalls eine starke Zunahme des Cannabiskonsums zwischen 1992 und 2002 festgestellt werden (von 11,3% auf 26,2%). Seit ca. 2002 haben die Zahlen über Cannabiskonsum in Europa eine Nivellierung oder sogar eine Reduktion erfahren.

Die beiden Beispiele lassen den Schluß zu, daß zwischen der Konsumhäufigkeit und dem erleichterten Zugang zu Cannabisprodukten kein linearer Zusammenhang besteht. Dies entspricht auch verschiedenen Studien, die zum Schluß kommen, daß kein Zusammenhang zwischen der Gesetzgebung eines Landes einerseits und dem Konsumverhalten andererseits besteht.«

Medieninformation des Bundesamtes für Gesundheit vom 15. Dezember 2006
http://www.bag.admin.ch/aktuell/00718/01220/index.html?lang=de&msg-id=9772
 
Botschaft der Bundesrate vom 15. Dezember 2006
http://www.bag.admin.ch/themen/drogen/00042/index.html?lang=de&download=
M3wBPgDB/8ull6Du36WenojQ1NTTjaXZnqWfVpzLhmfhnapmmc7Zi6rZnqCkkIZ1gXqBbKbXrZ6lhuDZz8mMps2gpKfo
 
Pressemitteilung vom 20. Dezember 2006 zur schweizer Drogenpolitik
http://www.eve-rave.net/abfahrer/presse/presse06-12-20.html


Sinnlose intensivierung der Repression

Obwohl bekannt ist, daß eine verstärkte Repression den Konsum nicht mindert, kündigte Schleswig-Holsteins Justizminister Uwe Döring (SPD) am 9. Juli 2006 in Kiel an, er werde die so genannte Eigenbedarfsgrenze für Cannabis in Schleswig-Holstein auf sechs Gramm absenken. Bis dahin lag diese Grenze bei 30 Gramm. Döring unternahm diesen Schritt, obwohl die Drogenaffinitätsstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit einer entsprechenden Repräsentativerhebung von Infratest dimap für Schleswig-Holstein ein geringerer Drogenkonsum als im Bundesdurchschnitt zeigte: 8% der 12- bis 25jährigen Schleswig-Holsteiner gaben gegenüber 13% im Bundesdurchschnitt an, innerhalb der letzten 12 Monate Cannabis konsumiert zu haben. Hieraus läßt sich gerade nicht ableiten, das die liberale Eigenbedarfsgrenze von 30 Gramm in Schleswig-Holstein den Drogenkonsum beförderte.

Auch die Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) hat in Nordrhein-Westfalen am 30. Juli 2007 eine analoge Maßnahme angekündigt:

»Ich habe angeordnet, daß die Eigenbedarfsgrenze bei Drogendelikten herabgesetzt sowie eine Sonderregelung bei Verstößen Jugendlicher und ihnen gleichgestellter Heranwachsender eingeführt wird.
Roswitha Müller-Piepenkötter schaffte kurzerhand die Geringe Menge für harte Drogen, also vor allem Heroin, Kokain und Amphetamin ab, obwohl sie wissen müßte, daß die Gefährlichkeit von Betäubungsmitteln einem Beschuldigten nicht angelastet werden dürfen, wenn er diese zum Eigenbedarf erworben hat und sich damit ausschließlich selbst schädigt. (Harald Hans Körner, Kommentar zum Betäubungsmittelgesetz §31a RZ 10). Zudem sollen Jugendliche in Zukunft nicht mehr vom Grundgedanken des §31a BtMG Hilfe statt Strafe profitieren dürfen. Für sie gilt ab sofort wieder Strafe durch Hilfe. Wer zukünftig als Jugendlicher oder Heranwachsender in NRW mit Cannabis aufgegriffen wird, muß damit rechnen, daß das Gericht eine Einstellung des Verfahrens an Auflagen wie Drogenscreenings, Teilnahme an Drogenberatungsseminaren, Therapien oder Sozialstunden knüpft, selbst wenn es nur um winzigste Mengen geht. Dabei ist es der Ministerin egal, daß diese Reglung gleich mehrfach verfassungswidrig ist. Zum einen ist es nicht ihre Entscheidung, ob ein Beschuldigter Heranwachsender (Alter zwischen 18 und 21 Jahren) nach Jugendstrafrecht oder Erwachsenenstrafrecht abgeurteilt wird. Als ehemalige Richterin sollte sie wissen, daß diese Entscheidung gemäß §105 Jugendgerichtsgesetz (JGG) ausschließlich dem Richter zusteht. Zum anderen ist fraglich, mit welcher verfassungskonformen Begründung sie Jugendliche zu Drogentests verpflichten will. Immerhin ist der bloße Konsum von Drogen auch für Jugendliche nicht strafbar und ein solch massiver Eingriff in die körperliche Selbstbestimmung selbst bei verurteilten Straftätern nur sehr eingeschränkt möglich. Darüber hinaus schreiben die Paragraphen 10 (Weisungen) und 15 (Auflagen) des JGG genau vor, welche Möglichkeiten es gibt, einen Jugendlichen mit Erziehungsmaßregeln zu belegen. Dabei dürfen an die Lebensführung des Jugendlichen keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

Bei Fachleuten hat die Ankündigung von Roswitha Müller-Piepenkötter Entsetzen ausgelöst. So erklärte der Bundesverband akzeptierender Eltern in einer Pressemitteilung vom 2. August 2007 unter dem Titel »Mit Frau Müller-Piepenkötter zurück ins Mittelalter der Drogenpolitik!:

NRW galt bisher als Vorreiter einer akzeptanzorientierten Drogenpolitik – Methadonvergabe, niedrigschwellige Hilfeeinrichtungen bis zur Einrichtung drogentherapeutischer Ambulanzen mit einem Konsumraum. Nun will eine Justizministerin namens Müller-Piepenkötter hart durchgreifen. Hat sie schon im Mordfall in der Jugendjustizanstalt Siegburg kläglich versagt, in dem ihr nichts anderes einfiel, als neue Knäste zu schaffen, will sie nun 14-21jährige junge Mitbürger strafrechtlich verfolgen lassen, auch schon bei Besitz einer nur geringen Menge von Cannabis. Sie ignoriert nicht nur ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes – nein, sie nimmt auch nicht zur Kenntnis, daß die Mehrheit der jungen Cannabisprobierer mit 21 Jahren den Konsum bereits eingestellt haben. Wir fragen: Was will Müller-Piepenkötter erreichen??

Sollen junge Menschen, um nicht straffällig zu werden, umsteigen auf die weit aus gefährlichere legale Droge Alkohol? Wie will man ernsthaft Prävention betreiben bei dieser verlogenen Rechtsauffassung einer Ministerin? Wir werden unseren jungen Mitbürgern nicht wirklich glaubhaft erklären können, daß die harte Droge Alkohol schließlich zu unserer Kultur gehört. Keine Feier ohne die Droge Alkohol, die ihren Höhepunkt im größten Konsumraum der Welt, dem Oktoberfest in München, erreicht.«

Auch der rheinland-pfälzische Justizminister Bamberger hat der Presse mitgeteilt (10. Juli 2007), daß in seinem Bundesland die geringe Menge Cannabis, bis zu der ein Strafverfahren eingestellt werden kann, von 10 auf 6 Gramm heruntergesetzt werden soll. Das bedeutet eine klare Verschärfung der Rechtslage und wird eine zunehmende Strafverfolgung einfacher Cannabiskonsumenten nach sich ziehen.
 
Presseerklärung des Justizministeriums vom 30. Juli 2007: Justizministerin verschärft Kampf gegen illegale Drogen: Eigenbedarfsgrenze sinkt oder entfällt, Verfahrenseinstellung bei Jugendlichen nur gegen Auflagen
http://www.justiz.nrw.de/Presse/PresseJM/30_07_07/index.php
 
Kommentar des Deutschen Hanfverbandes: Eigenbedarfsregel in Nordrhein-Westfalen verfassungswidrig?
http://hanfverband.de/aktuell/meldung_1185980007.html

 
Rheinland-Pfalz senkt Geringe Menge von 10 auf 6 Gramm
http://hanfverband.de/aktuell/meldung_1184081047.html
 
Pressemitteilung vom 2. August 2007: Mit Frau Müller-Piepenkötter zurück ins Mittelalter der Drogenpolitik!
http://www.akzeptierende-eltern.de/index.php?topgroupid=&groupid=1&subgroupid=&contentid=250



Die Arroganz der Macht

Offenbar haben drogenpolitische Entscheidungen nichts mit Vernunft zu tun, sondern entspringen einer totalitären Phantasie und werden mit der Arroganz der Macht durchgesetzt. Auf allfälligen Risiken und Nebenwirkungen der umgesetzten Maßnahmen wird erst gar nicht eingegangen, wie mehrere Antworten auf parlamentarische Anfragen zeigen. So erklärte die Bundesregierung aufgrund einer Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen am 12. Juni 2007 ganz offiziell, daß sie sich nicht mit gefährlichen Streckmitteln in Marihuana befassen will. Stattdessen empfielt sie den Cannabiskonsumenten Abstinenz. Daß die Unversehrtheit von Leib und Leben das höchste Rechtsgut ist, scheint die Bundesregierung hier nicht zu interessieren.
 
Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Grünen Fraktion zu »Aufklärungsmaßnahmen zu gesundheitlichen Risiken durch verunreinigte Cannabisprodukte«
http://dip.bundestag.de/btd/16/055/1605583.pdf
 
Pressemitteilung des Deutschen Hanverbandes vom 22. Juni 2007 »Bundesregierung ignoriert verseuchtes Cannabis«
http://hanfverband.de/aktuell/meldung_1182496450.html


Die Kleine Anfrage der PDS/WASG-Fraktion zu den Repressionskosten der Cannabispolitik auf der einen Seite, und möglicher Steuereinnahmen bei einer Legalisierung von Cannabis auf der anderen Seite, wurde durch die Bundesregierung dahingehend beantwortet, daß die Kosten der Strafverfolgung nicht bekannt seien und eine Legalisierung nicht in Betracht komme, da für Cannabis keine „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ vorliege. Die Bundesregierung bezieht den Standpunkt, Cannabis sei gefährlich und insofern strafrechtlich zu verfolgen, deshalb seien die Kosten nicht relevant.
 
Mitteilung der Bundesregierung zur Anfrage:
http://www.bundestag.de/aktuell/hib/2007/2007_127/06.html
 
Kleine Anfrage der Linksfraktion
Finanzielle Auswirkungen der Cannabisprohibition
http://dip.bundestag.de/btd/16/050/1605041.pdf
 
Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage:
http://dip.bundestag.de/btd/16/052/1605219.pdf
 
Zahlen des Deutschen Hanf Verbandes zu den Kosten der Cannabisprohibition
http://hanfverband.de/themen/finanzielle_auswirkungen.html
 
Pressemitteilung des Vereins für Drogenpolitik vom 11. Mai 2007 »Bundesregierung verweigert weiterhin eine nüchterne Analyse der deutschen Drogenpolitik und offenbart damit die vorherrschende Doppelmoral in der deutschen Drogenpolitik!«
http://www.drogenpolitik.org/politik/pm/pm27.php



Manchmal müssen auch rechtswidrige Auskünfte für die Durchsetzung einer harten Repressionslinie herhalten. So hat beispielsweise auf Grundlage der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses der Bundestag eine Petition, die von 1.228 Bürgern unterstützt wurde, am 05.07.2007 abgewiesen. Die Petition richtete sich gegen die derzeitige Rechtspraxis im Fahrerlaubnisrecht, die es den Verwaltungsbehörden ermöglicht, die Fahreignung von Personen in Frage zu stellen, ohne daß eine konkrete Gefährdung der Verkehrssicherheit gegeben bzw. bewiesen ist. Diese Problematik betrifft z.B. viele Cannabiskonsumenten, die überprüft werden, obwohl sie nicht berauscht am Straßenverkehr teilgenommen haben. Die Kosten der Fahreignungsüberprüfungen sind immer von den Betroffenen zu tragen und liegen durchschnittlich bei 1.500,- Euro. Abgesehen von den finanziellen Folgen stellt eine MPU massive Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte dar, ohne durchgreifenden Rechtsschutz.

Der Petitionsausschuß sieht diesbezüglich keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf: »Sollten die Petenten der Auffassung sein, dass die Fahrerlaubnisbehörde in einem jeweiligen Einzelfall nicht rechtmäßig gehandelt habe, besteht die Möglichkeit, diese Entscheidung und die Anordnung der medizinisch-psychologische Untersuchung bzw. des ärztlichen Gutachtens rechtlich überprüfen zu lassen.«

Diese Darstellung der Rechtslage ist eindeutig falsch, da aufgrund einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes aus dem Jahre 1969 (!) eine Fahreignungsüberprüfung juristisch NICHT angreifbar bzw. überprüfbar ist, und alle Verwaltungsbehörden dies den Betreffenden bei Gutachtensanordnung auch mitteilen. Rechtsmittel bestehen erst bei Entzug der Fahrerlaubnis aufgrund der Weigerung, sich einer Begutachtung zu unterziehen. Selbst dies stellt aber keinen durchgreifenden Rechtschutz dar, da die Entziehung der Fahrerlaubnis regelhaft mit sofortiger Vollziehung angeordnet wird und somit die aufschiebende Wirkung des Widerspruches ausgesetzt wird. Im Klartext: Wer diese Willkürpraxis juristisch überprüfen lassen will, muß einen mehrjährigen Führerscheinentzug einkalkulieren, bis unter Umständen eines der höchsten Gerichte der Klage stattgibt. Auch auf dem deutschen Verkehrsgerichtstag 2006 wurden die fehlenden Rechtsmittel im Überprüfungsverfahren in einer Arbeitsgruppe erörtert, so daß dieser Sachverhalt allen Experten bekannt sein dürfte. Aus diesen Gründen ist es unbegreiflich, daß der Petitionsausschuss die tatsächliche Rechtspraxis in seiner Beschlußempfehlung völlig verdreht und damit die Unrechtspraxis deckt!
 
Text der Petition: Öffentliche Petition: Führerscheinwesen: Sanktionen nur bei tatsächlichen Verfehlungen
http://itc.napier.ac.uk/e-Petition/bundestag/view_petition.asp?PetitionID=96
 
Antwort des Bundestages:
http://hanfverband.de/download/intern/antwort_petition_fuehrerschein_gs
 
Empfehlungen des 44. deutschen Verkehrsgerichtstags 2006, s. AK III
http://www.deutsche-verkehrsakademie.de/pdf/2006/gesamtempf.pdf
 
Pressemitteilung des Vereins für Drogenpolitik vom 17. Juli 2007: »Drogen und Fahrerlaubnisrecht – Petitionsauschuß belügt Bundestag und Öffentlichkeit!«
http://www.drogenpolitik.org/politik/pm/pm28.php


Hanfparade

Am kommenden Samstag findet die elfte Ausgabe der Hanfparade statt, die in diesem Jahr um 13:00 Uhr am Berliner Fernsehturm starten wird. Unter dem Motto »Gib mir 5 – Gegen Gift im Gras« fordert die Hanfparade die Aufhebung des Verbots von Hanfsamen und die Legalisierung des Eigenanbaus von mindestens fünf Cannabispflanzen. Die Teilnehmer sehen im heimischen Anbau von Cannabis ein Mittel, die Konsumenten vom Schwarzmarkt unabhängig zu machen. Marihuana aus illegalen Großplantagen ist immer öfter mit gesundheitsgefährdenden Streckmitteln verunreinigt. Die Cannabis-Kriminalisierung verhindert Verbraucherschutz.

Protestiert wird auch gegen die nutzlose – ja kontraproduktive – Repression und vor allem gegen die zunehmende Repression, wie sie derzeit in einigen Bundesländern praktiziert wird. Protestiert wird auch gegen die Arroganz der Macht, wie sie deutlich in den Antworten der Bundesregierung zu erkennen ist. Protestiert wird auch gegen die oft falsch dargestellten rechtlichen Gegebenheiten, wie sie beispielsweise in der Empfehlung des Petitionsausschusses mit nachhaltiger Wirkung zu erkennen war.


Berlin, den 23. August 2007
Redaktion Webteam Eve & Rave e.V. Berlin

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