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Drug-Checking-Konzept

für die Bundesrepublik Deutschland
erarbeitet vom techno-netzwerk berlin
für das Bundesministerium für Gesundheit


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Drug-Checking-Konzept für die Bundesrepublik Deutschland
Konzeptioneller Vorschlag zur Organisation von Drug-Checking
Eine Diskussionsgrundlage

 

Vorwort:

Drug-Checking

=

Qualitätskontrollen von Drogen

=

Intervention zur Erhaltung der Gesundheit

=

seriöse Grundlage für die wissenschaftliche Drogenforschung

Drug-Checking ist eine Interventionsstrategie zur Erhaltung der Gesundheit, da die genaue Kenntnis von Dosierung und Wirkstoffzusammensetzung einer Droge den potentiellen Gebrauchern derselben das objektiv bestehende Gefahrenpotential vergegenwärtigt und somit eine klare Grundlage für die subjektive Risikoabschätzung vor der eventuellen Einnahme schafft. Drug-Checking fördert somit den Lernprozeß zu einem verträglichen Risikomanagement.

Nur durch die Veröffentlichung der Laboranalysen von auf dem Schwarzmarkt erhältlichen Drogen ist es den Drogengebrauchern möglich, die mitunter deutlich unterschiedlichen Wirkungsweisen verschiedener Substanzen an sich zu beobachten. Erlebnisqualitätsunterschiede können so eindeutig bestimmten Wirkstoffen und Dosierungen zugeordnet werden. Das individuelle Drogenwissen wird so erweitert und potentielle Drogengebraucher können besser entscheiden, ob sie, und wenn ja, welche Drogen sie in welcher Dosierung konsumieren möchten. Drug-Checking fördert somit den Lernprozeß zur Drogenmündigkeit.

Bei Befragungen von Ecstasy-Gebrauchern im Rahmen von empirischen Studien zur Ermittlung von Entwicklungstendenzen, Konsummustern und Einflußfaktoren muß zum Beispiel nicht mehr auf den in der wissenschaftlichen Literatur nicht klar definierten Oberbegriff Ecstasy (XTC) zurückgegriffen werden, wie dies bei allen von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) geförderten Umfragen bislang der Fall war. Drug-Checking-Programme liefern völlig neues Datenmaterial zur Grundlagenforschung und ermöglichen so wesentlich differenziertere Aspekte von Drogenwirkungen zu erkennen. Durch die zur Verfügung stehenden Informationen können in Zukunft die psychologischen und sozialen Effekte des Drogengebrauchs viel präziser als bisher untersucht werden.

 

Argumente für das Drug-Checking-Programm

  • Drug-Checking - Das Präventionsinstrument

    Partydrogen werden im Labor qualitativ und quantitativ auf Wirkstoffgehalte und auf die Gesundheit gefährdende Verunreinigungen hin getestet, um im Falle des Auftauchens extrem gefährlicher Schwarzmarktprodukte die Konsumenten z.B. durch Flugblätter (Flyer) mit einer entsprechenden Warnung zu informieren. Drug-Checking ist ein Instrumentarium zum Schutz von Gesundheit und Leben.

     

  • Safer-Use

    Als Folge der Illegalisierung besteht eines der Hauptrisiken beim Drogenkonsum darin, daß niemand, dem eine Droge angeboten wird, genau weiß, was für Wirkstoffe die Droge enthält und wie hoch diese dosiert sind. Bekannt ist lediglich, daß die Qualität sehr unterschiedlich sein kann. Teilweise werden zum Beispiel Ecstasy-Tabletten mit Speed, Koffein oder Paracetamol gestreckt oder sie enthalten einen völlig anderen psychotropen Wirkstoff wie z.B. Atropin. Physische und psychische drogenbedingte Schäden bei Konsum können im Rahmen eines Drug-Checking-Programms durch zielgruppenspezifische Safer-Use-Beratung und die Veröffentlichung von Drug-Checking-Ergebnissen minimiert werden.

     

  • Frühwarnung

    Datenaustausch über regionale und globale Angebotsentwicklungen auf dem Partydrogen-Schwarzmarkt ist ein geeignetes Mittel, um Drogenpanschern das Handwerk zu legen, da die potentiellen Konsumenten frühzeitig vor verunreinigten und giftigen Produkten gewarnt werden können. Für die "gefährlichen" Pillen ist in der Folge keine Klientel mehr zu finden.

     

  • Beratung

    Drogenaufklärung kann nur erfolgreich praktiziert werden, wenn die Wirkungsweisen der verschiedenen psychoaktiven Substanzen genau bekannt sind. Um diese empirisch zu erforschen, muß notwendigerweise die exakte chemische Zusammensetzung der illegalisierten Drogen, die regelmäßig von Tausenden von jungen Menschen konsumiert werden, ebenfalls bekannt sein. Nur mit diesen Kenntnissen können die unterschiedlichsten subtilen Wirkungsprofile der einzelnen psychoaktiven Substanzen wie auch die ihrer Kombinationen beim Mischkonsum beobachtet und analysiert werden. Insbesondere können so interaktiv mit den Konsumenten Mengengrenzwerte bezüglich Verträglichkeit bei verschiedenen Stoffkombinationen eruiert werden. Die so gewonnenen Erkenntnisse sind in der Folge wiederum die Grundlage für eine verbesserte und differenziertere Beratung. Eine Drogenberatung sollte auf einem empirisch erfaßten Erfahrungsschatz und auf gesicherten wissenschaftlichen Daten basieren, droht sie doch sonst zu scheitern und nur symbolischen Charakter anzunehmen.

     

  • Reflexion

    Durch die Veröffentlichung von Drug-Checking-Testergebnissen in Verbindung mit einer Safer-Use-Beratung vor Ort bekommen Drogengebraucher die Möglichkeit, eigene Verhaltensmuster und eigene Erlebnisse, die in Beziehung zu ihrem eigenen Drogenkonsum stehen, mit bestimmten Wirksubstanzen und deren Dosierungen in Verbindung zu bringen. Erst so wird ein differenziertes Reflektieren über die eigene Risikosituation im Zusammenhang mit Drogenkonsum und Lebensgestaltung möglich.

     

  • Bewußtsein

    Durch das Drug-Checking-Programm wird sowohl das Qualitätsbewußtsein bezüglich der eingenommenen Drogen deutlich gesteigert als auch das allgemeine Interesse für die pharmakologischen Wirkungen der Substanzen. Die "Pillen-Listen" begünstigen einen Lernprozeß im Umgang mit psychoaktiven Substanzen und fördern somit im Kreise der Nutznießer der alltagstranszendierenden Drogengebrauchsformen das erstrebte Ziel, mehr Klarheit über sich, über die Wechselwirkung der inneren und äußeren Welt und vor allem über das eigene bewußte Sein zu erlangen.

     

  • Ethik

    Integere Drogenberater und Drogenpolitiker beachten die Ergebnisse des Drug-Checkings, wie auch andere Erkenntnisse aus der Drogenforschung, und sie integrieren diese Erkenntnisse achtsam in die nötigen Maßnahmen zur Erhaltung respektive Wiederherstellung der seelischen und körperlichen Gesundheit der Menschen. Dabei beachten sie selbstverständlich nicht nur das Selbstbestimmungsrecht eines jeden Einzelnen, sondern achten vor allem die Unverletzlichkeit der Würde des Menschen. Wird von den Drogenberatern und Drogenpolitikern nicht hinreichend und genügend auf diesen selbstverständlichen Grundsatz geachtet, dann ist davon auszugehen, daß diese in der Folge von einer zunehmenden Zahl von Menschen mit Verachtung betrachtet und schließlich geächtet werden. Hingegen werden Drogenberater und Drogenpolitiker, die stets mit Bedacht danach trachten, bei all ihren Entscheidungen auf diesen Grundsatz zu achten, in der Folge aller Voraussicht nach von einer zunehmenden Zahl von Menschen mit Hochachtung betrachtet und geachtet werden.


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